Fünfter Abschnitt.
Differentialgleichungen.
324. Definition und Haupteinteilung der Diffe
rentialgleichungen. Jede Gleichung zwischen einer unab
hängigen Variablen x, einer oder mehreren unbekannten Funk
tionen y, z, . . . von x und ihren Ableitungen bis zu einer
gewissen Ordnung heißt eine gewöhnliche Differentialgleichung.
Jede Gleichung zwischen, mehreren unabhängigen Variablen
x, y, . . ., einer oder mehreren Funktionen z, u, . . . von x, y,...
und ihren Ableitungen bis zu einer gewissen Ordnung heißt
eine partielle Differentialgleichung.
Die Aufgabe, welche der Analysis einer solchen Gleichung
oder einem System derartiger Gleichungen, einem Differential
system, gegenüber erwächst, besteht im engeren Sinne in der
Aufsuchung aller solchen Funktionen y, z,. . . im ersten, bzw.
z, u, ... im zweiten Falle, welche nebst ihren betreffenden
Differentialquotienten die vorgelegten Differentialgleichungen
identisch, d. i. für alle Werte der unabhängigen Variablen er
füllen. Im weiteren Sinne richtet sich die Aufgabe dahin,
aus den Differentialgleichungen selbst Eigenschaften der durch
sie definierten Funktionen zu gewinnen.
Die durch die obigen Definitionen gekennzeichnete Schei
dung in gewöhnliche und partielle Differentialgleichungen drückt
sich in der Theorie und Behandlung der Differentialgleichungen
am schärfsten aus. Innerhalb jeder dieser Gattungen ist am
meisten maßgebend die Ordnung des höchsten vorkommenden
Differentialquotienten; durch sie ist die Ordnung der Differen
tialgleichung bestimmt.
In den Anwendungsgebieten der Analysis, insbesondere in
der Geometrie und Mechanik, treten Differentialgleichungen
auf, so oft die Natur eines geometrischen Gebildes oder das
Ozuber, Vorlesungen II. 2. Aufl. 22