Full text: Vorlesungen über Differential- und Integralrechnung (1. Band)

Zweiter Abschnitt. Differentiation von Funktionen einer Variablen. 85 
Mg. 10. 
gelegener Wert und einen solchen kann man in der Form 
x -f- 6h darstellen, wobei 0 < 6 < 1 ist; mithin gilt: 
oder 
(2) fix -f- h) — f{x) = hf{x + Oh). 
Diese Darstellung der Differenz zweier Funktionswerte durch 
einen Zwischen- oder Mittelwert des Differentialquotienten 
- findet vielseitige Anwendung. Einige Folgerungen mögen 
schon hier angeführt werden. 
Vorher möge noch der geometrische Sinn der Formel (1) 
erwähnt werden in dem Falle, wo die Funktion f{x) durch die 
Ordinaten einer Kurve dargesteilt wird. Der Inhalt der For 
mel (1) ist dann der folgende. Besitzt die 
Kurve AB (Fig. 10) an jeder Stelle eine 
bestimmte Tangente, so gibt es zwischen 
A und B mindestens einen Punkt M, in 
welchem die Tangente MT der Sehne 
AB parallel ist. 
An früherer Stelle (21) ist erwiesen 
worden, daß der Ditferentialquotient einer 
konstanten Funktion Null ist; nun kann 
auch die Umkehrung dieses Satzes bewiesen werden: Wenn der 
Bifferentialquotient f" (x) einer Funktion f(x) an allen Stellen 
des Intervalls (a, ß) Null il, so ist die Funktion in diesem 
Intervall konstant. 
Sind nämlich x x , x 2 zwei Stellen aus (a, ß) so ist zu 
folge (1) 
fM ~ fM = ( x 2 - 
wobei | zwischen x x und hegt; da aber für jedes £ zwischen 
a und ß /'(£) = 0 ist, so ist 
ftO — fM = 
i a^so f(x x )=f(x 2 ), wenn aber jede zwei Werte von f(x) aus 
dem Intervall (a, ß) einander gleich sind, so hat die Funktion 
einen konstanten Wert. 
Aus diesem Satze folgt der weitere: Wenn zwei Funktionen 
f{x), (f(x) in einem Intervall (a, ß) gleiche Bifferentialquotienten
	        
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