58
Erster Teil. Differential-Rechnung.
Mg. 7.
Die Ergebnisse erlangen anschauliche Bedeutung, wenn
man y = f{x) als Gleichung einer Kurve (Fig. 7) auffaßt; die
selbe Kurve ist auch durch die Gleichung x = tp(y) dargestellt
und der Unterschied beider Darstellungen
liegt lediglich darin, daß das erstemal x,
das zweitemal y als die unabhängige
Veränderliche aufgefaßt wird*). Der
Diiferentialquotient D x f{x) ist die tri
gonometrische Tangente des Winkels a,
welchen die Tangente MT mit der posi
tiven Richtung der Abszissenachse bildet,
D y cp(y) die trigonometrische Tangente des Winkels h, welchen
dieselbe Tangente mit der positiven Richtung der Ordinaten-
achse einschließt, und da a + & = so ist tg a • tg & = 1;
dies also ist der geometrische Inhalt der Formel (12). Wird
in einem Punkte, wie E, J) x f(cc) = 0, so ist dort die Tangente
parallel zur Abszissenachse, also normal zur Ordinatenachse,
folglich J) y cp{y) = oq an dieser Stelle; und wird, wie in F,
D x f(x) = oo, so ist die Tangente normal zur Abszissenachse,
also parallel zur Ordinatenachse, daher D y y{y) = 0 an dieser
Stelle.
Wendet man die Formel (12) auf den Fall y = x m ,
i
x = y rn an, wo unter m eine positive ganze Zahl, unter x m
der positive reelle Wert von yx verstanden wird und x auf
positive Werte beschränkt bleiben muß, wenn m eine gerade
Zahl ist, so findet sich mit Benutzung von (8) nach Formel (12)
i
I)x m • my m ~ 1 = 1,
woraus
JDx m =
my
1
m— 1
1 1
- = —x m
1 m
*) Will man bei der umgekehrten Funktion x — (p{y) die unab
hängige Variable wieder x, die abhängige y nennen und sie hiernach
in demselben Koordinatensystem darstellen, so hat man die Bildkurve
EF an der Halbierungslinie des Winkels XOF zu spiegeln; die neue
Kurve gehört zur Gleichung y — cp (x).