106 Elemente der Differentialrechnung. §2. Allgemeine Sätze über Differentiation.
wodurch die Giltigkeit der Regel (8) auch für ganze negative Exponen
ten erwiesen ist.
62. Ableitungen inverser Funktionen. Ist {A, B) das Wert
gebiet einer in dem Intervall a x <1 ß monotonen stetigen Funktion
y = f{x), so gehört zu jedem Werte y aus (Ä, JB) ein und nur ein
Wert x aus (a, ß), so daß zugleich x als Funktion von y bestimmt
ist: X = <p{y), und zwar ebenfalls als monotone stetige Funktion.
Wie schon in 43, 2. erklärt worden, heißen derart bestimmte Funk
tionen inverse Funktionen; nun soll die einfache Beziehung aufgezeigt
werden, die zwischen ihren Ableitungen besteht.
Sind nämlich x, y und ebenso x ß- Ax, y -j- Ay zusammen
gehörige Werte, so ist ~ der Differenzenquotient von f{x), ^
der Differenzenquotient von (p{y), beide Differenzenquotienten stehen
im Verhältnis der Reziprozität zueinander und bleiben es, wie klein
auch /Ix und Ay werden mögen; folglich sind auch ihre Grenz
werte, falls solche vorhanden und bestimmte von Null verschiedene
Werte sind, also die Differentialquotienten von f{x) und qp(j/), rezi
prok, d. h.
D x /{x)D y <p{y)~\. (12)
Die Anleitungen zweien' inversen Funktionen sind also für jedes Paar
zusammengehöriger Werte der Variablen x, y reziprok.
Konvergiert gegen die Grenze Null, so hat gleichzeitig
den Grenzwert oo und umgekehrt; ist also an einer Stelle D x /(x) = 0,
so hat (pfy) an der entsprechenden Stelle eine unendliche Ableitung
und umgekehrt.
Die Ergebnisse erlangen anschauliche Bedeutung, wenn man
= f{x) als Gleichung einer Kurve, Fig. 80, auffaßt; die Kurve ist
auch durch die Gleichung x = <p(jf) dargestellt
und der Unterschied beider Darstellungen liegt
lediglich darin, daß das erstemal x, das zweite
mal y als unabhängige Variable aufgefaßt wird.
Die Ableitung D x /(x) bestimmt die trigono
metrische Tangente des Winkels a, den die
Tangente MT mit der positiven Richtung der
Abszissenachse bildet, D y cp(y) die trigonome
trische Tangente des Winkels b, den dieselbe Tan
gente mit der positiven Richtung der Ordinatenachse einschließt, und
da a -f- b = y, so ist tga tgft = 1; dies also ist der geometrische In
halt der Formel (12). Wird in einem Punkte, etwa E, D/{x) — 0,
Fig.. 30.