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Der Zahlbegritf. § 1. Reelle Zahlen.
ausgedrückt. Die zur Lösung führende arithmetische Operation heißt
Subtraktion, ihr Resultat Differenz, a der Minuend, b der Subtrahend.
Benützt man das Symbol (1) auch als Zeichen für das Resultat, so
ist das Wesen der Subtraktion, das in ihrem Zusammenhang mit der
Addition liegt, durch den Ansatz
b -f (a — b) = {a — b) + b = a
erklärt.
Was nun diese neue Rechnungsart von den vorigen wesentlich
unterscheidet, ist der Umstand, daß ihre Ausführbarkeit an eine aus
der Natur der Addition hervorgehende Beschränkung geknüpft ist: da
nämlich die Summe zweier Zahlen größer ist als jeder Summand (6),
so ist die Subtraktion nur möglich, wenn der Minuend größer ist als
der Subtrahend.
Hier tritt nun ein in allen Teilen der Mathematik befolgtes Prinzip
zur erstmaligen Anwendung, darin bestehend, daß man den Operationen
entgegenstehende Schranken durch Begriifserweiterungen beseitigt, die
solcher Art sind, daß sie die früheren Begriffsbildüngen mit den sie be
herrschenden Gesetzen mit umfassen. Man nennt dies Prinzip nach
H. Hankel, der es zuerst formuliert hat 1 ), das Prinzip der Permanenz.
Es hat sich gezeigt, daß den formalen Begriifserweiterungen in vielen
Fällen auch eine reale Deutung unterlegt werden kann.
In dem vorliegenden Falle soll nun die Begriffserweiterung darin
bestehen, daß man das Symbol (1) immer, also auch dann als Zahl an
sieht, wenn a<6 und a = b ist; bei a>& hat man es wieder mit
den bisherigen Zahlen zu tun.
Durch diese Festsetzung wird dem Symbol neben einem quanti
tativen auch ein qualitativer Inhalt erteilt; bezeichnet man nämlich
mit d den Uberschuß der größeren der beiden Zahlen a, b über die
kleinere, so sind zwei Qualitäten möglich: entweder liegt der Über
schuß auf Seite des Minuends oder auf Seite des Subtrahends. Um
diesen Qualitätsunterschied zum Ausdruck zu bringen, ist neben dem
Zahlzeichen als Quantitätszeichen noch ein Qualitätszeichen erforderlich;
als solches ist für den ersten Fall das Zeichen + (plus), für den zweiten
das Zeichen — (minus) eingeführt worden; die mit diesen Vorzeichen
ausgestatteten Zahlen werden positive, bzw. negative Zahlen genannt.
In dem Falle jedoch, daß Minuend und Subtrahend überein
stimmen, gibt es keinen Überschuß, es entfällt also auch die Unter
scheidung seiner Qualität: die quantitäts- und qualitätslose Zahl wird
mit dem Namen Null und dem Zeichen 0 eingeführt.
Man hat hiernach
a — b = + d bei a^>b
a — b — — d' „ n <Cb
a — a = 0.
(3)
1) Theorie der komplexen Zahlsysteme, 1867.