Full text: Einführung in die höhere Mathematik

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Der Zahlbegriff. § 1. Reelle Zahlen. 
1. Die Scheidung des Systems der rationalen Zahlen in zwei 
Klassen A, B derart, daß jede Zahl a aus A kleiner ist als jede Zahl 
h aus B, soll ein Schnitt genannt werden (Schnitt (A,B)). 
Der Schnitt kann durch eine rationale Zahl selbst geschehen; sie 
kann dann nach Belieben der Klasse A als größte oder der Klasse B 
als kleinste unter ihren Zahlen zugeschrieben • werden. 
Erfolgt der Schnitt so, daß A keine größte und B keine kleinste 
Zahl enthält, so bestimmt er eine neue, außerhalb des Systems der 
rationalen Zahlen stehende Zahl. 
Durch derartige Schnitte definierte Zahlen nennt mau irrationale 
Zahlen. 1 ) 
Der Begriff der „einem Schnitt zugeordneten Zahl“ umfaßt also 
die rationalen und die irrationalen Zahlen. 
2. Eine unbegrenzt fortsetzbare Folge rationaler Zahlen 
o o 
«0, «!, «!,■••»«,••• (1) 
der die Eigenschaft zukommt, daß sich bei beliebig klein gegebenem 
positivem e der Zeiger n so bestimmen läßt, daß 
. a n+p~ a n < E ( 2 ) 
wird, welche natürliche Zahl man für p auch nehmen mag, soll eine 
Fundamentalreihe heißen. 
Läßt sich eine rationale Zahl a solcherart angeben, daß zu einem 
beliebig klein festgesetzten positiven d eine natürliche Zahl m sich 
bestimmen läßt, derart daß 
\a n -a'<d, (3) 
solange n > m bleibt, so sagt man, die (Bieder der Reihe (1) nähern 
sich der Zahl a als G-rense oder die Reihe konvergiere gegen die 
Grenze a. Symbolisch soll dies durch den Ansatz 
lim a n = a (4) 
ausgedrückt werden. 
Eine Reihe, die gegen eine Grenze konvergiert, ist notwendig eine 
Fundamentalreihe. 
Man kann nämlich n so bestimmen, daß, wie klein auch die po 
sitive Zahl e gewählt sein möge, nicht nur 
\ a n~ a \< Y’ 
sondern auch £ 
1) Der Begriff der irrationalen Zahlen ist geometrischen Ursprungs; in 
kommensurable Streckenpaare führen auf irrationale Yerhältniszahlen. Daher 
erklärt es sich, daß für sie ursprünglich der Name inkommensurable, Zahlen üblich 
war. Das Wort „irrational“ kommt zum erstenmal in einer lateinischen Über 
setzung eines arabischen Kommentars zu Euklid aus dem 12. Jhrh. vor. Später, 
bis ins 16. Jhrh., war die Bezeichnung surdus für irrational gebräuchlich.
	        
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