Full text: Einführung in die höhere Mathematik

20 
Der Zahlbegriff. § 1. Reelle Zahlen. 
Punkte zukomint und die man als Stetigkeit bezeichnet; ihr Wesen 
hat Dedekind 1 ) dahin formuliert, daß eine Scheidung der Punkte 
der Geraden in zwei Klassen 21, 33 derart, daß jeder Punkt der 
Klasse 21 links von jedem Punkte der Klasse 33 liegt, immer nur 
durch einen Punkt erfolgen kann. 
Hierdurch erhält der Ausspruch: Das System der reellen Zahlen 
ist stetig — einen bestimmten Inhalt. 
Der Gedankengang, durch welchen der Begriff der reellen Zahlen 
aufgebaut worden ist, führt über das praktische Bedürfnis, ja über 
die Grenzen dessen, was praktisch ausgeübt werden kann, weit hinaus. 
Das System dieser Zahlen ist nach beiden Seiten unendlich: unsere 
Rechnungen aber bewegen sich in einem verhältnismäßig engen Aus 
schnitt. Das System ist lückenlos: wir aber rechnen, wo es sich 
nicht um formale, sondern um ziffermäßige Resultate handelt, in einem 
System von rationalen Zahlen von unerheblicher Dichtigkeit; denn 
bei vielen Rechnungen wird man vernünftigerweise über 2, 3 Dezimal 
stellen nicht hinausgehen, und selbst bei den subtilsten wissenschaft 
lichen Rechnungen nicht viel weiter. Das so fein ausgebildete Instru 
ment kommt also, könnte man sagen, gar nicht zu voller Anwendung. 
Dazu ist zu bemerken, daß erst durch die Schaffung der irrationalen 
Zahlen der arithmetische Zahlbegriff dem geometrischen Größenbegriff 
adäquat wurde, und daß erst jetzt die Aussage volle logische Strenge 
besitzt, jede Strecke (als das Bild einer extensiven Größe überhaupt) 
lasse sich nach Annahme einer Einheit durch eine Zahl ausdrücken. 
Auf den so ausgebildeten Zahlbegriff erst lassen sich strenge analy 
tische Begriffsbildungen gründen. 
Der Unterschied zwischen den abstrakten Begriffen und ihrer 
praktischen Anwendung, auf den hier soeben hingewiesen worden, hat 
Anlaß gegeben, zwischen Präzisions- und Approximationsmathematik 
zu unterscheiden. Jede Approximationsmathematik wurzelt aber in 
dem Boden der strengen Mathematik. 
16. Logarithmieren. Neben der als Radizieren bezeichneten 
Umkehrung des Potenzierens gibt es noch eine zweite, bei der die 
Frage nach dem Exponenten gerichtet ist. 
Die Forderung, den Exponenten zu finden, zu welchem eine 
positive reelle Basis b erhoben werden muß, um eine gegebene posi 
tive reelle Zahl a zu geben, führt zu einer Rechnungsart, die man 
das Logarithmieren nennt; für b wird der Name Basis beibehalten, 
a der Numerus genannt, die Forderung aber und zugleich ihr eventuell 
vorhandenes Resultat durch das Symbol 
log b a (1) 
1) Stetigkeit und irrationale Zahlen. 3. AufL, 19Q5, p. 11.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.