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Der Zahlbegriff. § 1. Reelle Zahlen.
Punkte zukomint und die man als Stetigkeit bezeichnet; ihr Wesen
hat Dedekind 1 ) dahin formuliert, daß eine Scheidung der Punkte
der Geraden in zwei Klassen 21, 33 derart, daß jeder Punkt der
Klasse 21 links von jedem Punkte der Klasse 33 liegt, immer nur
durch einen Punkt erfolgen kann.
Hierdurch erhält der Ausspruch: Das System der reellen Zahlen
ist stetig — einen bestimmten Inhalt.
Der Gedankengang, durch welchen der Begriff der reellen Zahlen
aufgebaut worden ist, führt über das praktische Bedürfnis, ja über
die Grenzen dessen, was praktisch ausgeübt werden kann, weit hinaus.
Das System dieser Zahlen ist nach beiden Seiten unendlich: unsere
Rechnungen aber bewegen sich in einem verhältnismäßig engen Aus
schnitt. Das System ist lückenlos: wir aber rechnen, wo es sich
nicht um formale, sondern um ziffermäßige Resultate handelt, in einem
System von rationalen Zahlen von unerheblicher Dichtigkeit; denn
bei vielen Rechnungen wird man vernünftigerweise über 2, 3 Dezimal
stellen nicht hinausgehen, und selbst bei den subtilsten wissenschaft
lichen Rechnungen nicht viel weiter. Das so fein ausgebildete Instru
ment kommt also, könnte man sagen, gar nicht zu voller Anwendung.
Dazu ist zu bemerken, daß erst durch die Schaffung der irrationalen
Zahlen der arithmetische Zahlbegriff dem geometrischen Größenbegriff
adäquat wurde, und daß erst jetzt die Aussage volle logische Strenge
besitzt, jede Strecke (als das Bild einer extensiven Größe überhaupt)
lasse sich nach Annahme einer Einheit durch eine Zahl ausdrücken.
Auf den so ausgebildeten Zahlbegriff erst lassen sich strenge analy
tische Begriffsbildungen gründen.
Der Unterschied zwischen den abstrakten Begriffen und ihrer
praktischen Anwendung, auf den hier soeben hingewiesen worden, hat
Anlaß gegeben, zwischen Präzisions- und Approximationsmathematik
zu unterscheiden. Jede Approximationsmathematik wurzelt aber in
dem Boden der strengen Mathematik.
16. Logarithmieren. Neben der als Radizieren bezeichneten
Umkehrung des Potenzierens gibt es noch eine zweite, bei der die
Frage nach dem Exponenten gerichtet ist.
Die Forderung, den Exponenten zu finden, zu welchem eine
positive reelle Basis b erhoben werden muß, um eine gegebene posi
tive reelle Zahl a zu geben, führt zu einer Rechnungsart, die man
das Logarithmieren nennt; für b wird der Name Basis beibehalten,
a der Numerus genannt, die Forderung aber und zugleich ihr eventuell
vorhandenes Resultat durch das Symbol
log b a (1)
1) Stetigkeit und irrationale Zahlen. 3. AufL, 19Q5, p. 11.