Full text: Einführung in die höhere Mathematik

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Der Zahlbegriff. § 2. Imaginäre Zahlen. 
Forderung, weil im Grunde der Multiplikationsregeln für relative Zahlen 
weder eine positive noch eine negative Zahl zu einer geraden Potenz 
erhoben ein negatives Resultat ergeben kann. Läßt man, von dem 
Prinzip der Permanenz Gebrauch machend, die Regeln für das Rechnen 
mit Wurzelgrößen in bezug auf den gegenwärtigen Fall fortbestehen, so 
kann die gestellte Forderung auch durch die andere V]/— b ersetzt werden 
und Y—h wiederum durch Yb Y—1; was der erste Faktor fordert, 
ist durch eine bestimmte positive reelle Zahl ß erfüllbar; der zweite 
Faktor ist zunächst ein bloßes Symbol. Führt man dieses Symbol 
/-i (i) 
mit dem Zeichen i als eine neue Zahl ein, so stellt sich die Lösung 
von Y—b durch 
ßi (2) 
dar. 
Um also die Aufgabe, welche durch das Zeichen ]/R, worin B 
eine relative rationale Zahl bedeutet, immer, somit auch dann aus 
führbar zu machen, wenn B eine negative Zahl ist, ist die Einfüh 
rung neuer Zahlen von der Form (2) erforderlich. Man nennt diese 
Zahlen zum Unterschiede von den reellen imaginäre Zahlen/) nennt 
i die imaginäre Einheit, 1 2 ) ß ihren Koeffizienten. 
Dem Prinzip der Permanenz zufolge hat diese Einheit dem Grund 
gesetz 
>’ 2 = -i (3) 
zu gehorchen. 
Bezeichnet a eine zweite reelle Zahl, so wird das Aggregat 
a + ßi (4) 
eine komplexe Zahl 3 ) genannt. 
Mit der Schaffung des Begriffs der komplexen Zahlen hat der 
Zahlbegriff einen gewissen Abschluß erlangt. 4 ) Die Form (4) umfaßt 
die reellen Zahlen, wenn /1 = 0, die imaginären, wenn a = 0, die 
komplexen, wenn a 0, /3 =f= 0. Indessen begreift man unter dem 
1) In diesem Sinne hat zuerst Descartes die Termini in seiner Géométrie, 
1687, benützt. 
2) Der Gebrauch des i als Zeichen für ]/— 1 ist zum erstenmal in einer 
aus dem Jahre 1777 stammenden Abhandlung L. Eulers anzutreffen. Verall 
gemeinert wurde er jedoch erst durch Gauß’ Disquisitiones arithmeticae, 1801. 
3) Diese Benennung stammt von Gauß, der sie in der Theoria residuorum 
biquadraticorum II (1828—1832) eingeführt hat. 
4) Man sagt von der komplexen Zahl (4), sie sei aus zwei Einheiten, 1 und i 
zusammengesetzt. Die sogenannten höheren komplexen Zahlen, die 
sich aus mehr als zwei „Einheiten“ zusammensetzen, führen über die Grenzen 
dieses Buches hinaus.
	        
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