Full text: Einführung in die höhere Mathematik

Das Unendlichkleine und Unendlichgroße. 
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Das Unendlichkleine und Unendlicligroße ist einer Graduierung 
fähig. Man hat es nämlich nie mit einer solchen Größe allein, son 
dern stets mit zwei oder mehreren voneinander abhängigen zu tun; 
und dann kann hei irgend zweien das Unendlichklein- oder Unendlich 
großwerden in gleich raschem (starken) Maße vor sich gehen oder bei 
einer von beiden rascher (stärker) als bei der andern. So wird man 
bei dem Grenzübergange 
lim fix) = h für lim x = a 
die Differenzen f(x) — h und x — a auf den Grad ihres Unendlich 
kleinwerdens vergleichen können. Die Graduierung soll sich auf den 
Quotienten 
f(x) — h 
x — a 
stützen: hat dieser Quotient einen Grenzwert, so soll, je nachdem der 
selbe 0, eine endliche Zahl li oder oo ist, gesagt werden, fix) — h 
werde in höherem, gleichen oder niedrigeren Maße unendlich klein 
als x — a. 
In gleicher Weise kann man, wenn 
lim f{x) = oo für lim x — oo, 
über den Grad des Unendlichwerdens nach dem Verhalten des Quotienten 
m 
x 
urteilen; hat dieser Quotient den Grenzwert 0, beziehungsweise li oder 
oo, so erklärt man, fix) werde in niedrigerem, gleichen oder höheren 
Maße unendlich groß als x. 
In vielen Fällen ist es möglich, die Graduierung ziflfermäßig aus- 
zudrückeu. Man stützt sich dabei auf folgende Erwägung. Ist y eine 
unendlich klein werdende Größe, so nimmt, sobald y einmal in das 
Gebiet der echten Brüche gekommen, y n im Vergleich zu y umso 
rascher ab, je größer (das positiv gedachte) n; wird y unendlich groß, 
die Strecke OB bei unaufhörlicher Annäherung von AB an g' unendlich; der 
Gegensatz in der Lage von B gegen 0 kommt im Vorzeichen des Unendlich- 
werdens zum Ausdruck. 
Bezüglich der Parallelen g selbst könnte man sich der Ausdrucksweise be 
dienen, Punkt B und Strecke OB haben zu existieren aufgehört. Es hat sich 
jedoch als zweckmäßig erwiesen, zu sagen, der Punkt B sei nun im Unendlichen, 
und die Strecke OB sei (qualitätslos) unendlich, und dies ist ein Fall des eigent 
lich oder aktual Unendlichen. 
In die Sprache der Arithmetik übertragen, wmbei man sich an die Gerade 
g als Bild des Systems der reellen Zahlen hält, heißt dies: Man fügt zu den 
reellen Zahlen eine neue Zahl oo hinzu, die ebenso qualitätslos ist wie die 
Zahl 0. Sowie nun eine Variable, die sich der 0 als Grenze nähert, unendlich 
Mein icird, so kann auch von einer unendlich groß werdenden Variablen gesagt 
werden, sie nähere sich der fiktiven Zahl oo als Grenze von der einen oder 
andern Seite. 
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