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EINFLUSS DER RÄUMLICHEN BEWEGUNG
welche den Sehnerv in einer bestimmten Zeit errei
chen; wir werden deshalb eine Farbe von kürzerer
Schwingungsdauer wahrnehmen, wenn das Gestirn sich
uns nähert; eine von grösserer Schwingungsdaner, als
der Farbe des Gestirns zukommt, wenn die Entfernung
desselben vom Auge im Wachsen begriffen ist. Um
das Resultat dieser Betrachtung mit der Erfahrung zu
vergleichen, hat man sich der Schallwellen bedient,
welche sich in allem Wesentlichen wie die Lichtwellen
verhalten, aber durch ihre massige Geschwindigkeit
directe Versuche ermöglichen. Zu solchem Experi
mente mit den Schallwellen geben die Eisenbahnen
vielfache Gelegenheit, z. B. wenn eine Locomotivo
pfeifend an uns vorüberfährt. Wir nehmen dann je
desmal in dem Momente, in welchem die Pfeife uns
am nächsten ist, also ihre Annäherung rasch in das Ge-
gentheil übergeht, ein sehr merkliches Sinken des Tones
wahr, welches um so plötzlicher und bedeutender ist y
je grösser die Geschwindigkeit des Yorbeifahrens ist.
Doppler wollte aus dem eben genannten Prinzip
die Farben mancher Sterne erklären, welche Anwen
dung aber, gewiss mit Recht, viel weniger Beifall ge
funden hat, als das Prinzip selbst. Abgesehen näm
lich davon, dass bei den Sternen keine Geschwindigkei
ten von so enormer Grösse Vorkommen, als für solche
Erklärung nöthig wären, ist auch noch zu bemerken,
dass solche Geschwindigkeiten nur bei monochromati
schen, wenigstens nicht weissen Lichtquellen, eine Aen-
derung der wahrzunehmenden Farbe hervorbringen
könnten. Nehmen wir z. B. an, die Geschwindigkeit
eines weisses Licht aussendenden Sternes sei gross ge