44 Cosmologische Briefe
ne herum einen neuen Weg zu suchen, um jede Him
mel von neuen Seiten zu betrachten. Ihnen müs
sen Jahrhunderte, wie uns einzele Stunden vorbey
gehen, und die Unsterblichkeit müßte ihr Erbtheil
seyn, weil sich die Zeit nach ihren Verrichtungen
ausmißt, wie es auf unserer Erde Jnsecten giebt,
deren ganzes Leben sich innert dem Verlaufe weniger
Stunden anfängt und endigt, weil ihre Geschäfte
nicht längere Zeit fordern»
Glauben Sie nicht, mein Herr, daß das Welt-
gebaude auch von dieser großen Seite müsse betrachtet
werden? oder sollte der Allerweiseste, der die Wel
ten angeordnet hat, nur in den kleinern Theilen, wie
«S von uns geschehen kann, bewundert werden , und
die Einrichtung und Anordnung aller Sonnen und
Jrrsterne unbctrachtet bleiben. Ich gedenke das letz
tere. So wie wir auf jedem Staube eine belebte
Welt, und in jedem Tropfen ein Meer voll Creatu-
ren durch die Vergrösserungsgläser entdecken, so fin
den diese Astronomen Himmel voll grosse Weltkör
per. Und wie uns bey unseren Betrachtungen einze-
se Stunden vergehen, so vergehen denselben bey Be
frachtung ganzer Sonnensystemen Jahrtausende. Sie,
mein Herr , wissen ohnedeme, daß Zeit und Raum
weder groß noch klein sind, sondern nur in ihrer Ver
hältnis gegen einander müssen betrachtet werden, weil
beyde mit einander grösser und kleiner werden. Ein
Schiffer, der in Indien fährt, ist längsten schon da
zu gewöhnt, daß er seine Reise nicht nach Stunden,
sondern