Full text: Vorlesungen über Differential- und Integral-Rechnung (2. Band)

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Zweiter Theil. Integral-Rechnung. 
Gesetz einer Erscheinung durch eine Gleichung zum Ausdruck 
gebracht wird, in welche nebst den bestimmenden Yariabeln 
auch deren Differentiale oder die Differentialquotienten ein 
zelner unter ihnen in Bezug auf die andern eingehen. In 
vielen Fällen ist es möglich, den Verlauf einer Erscheinung 
während eines sehr kurzen Zeittheilchens zu kennzeichnen: 
der Ausdruck hiefür ist dann eine Differentialgleichung und 
Aufgabe der Analysis ist es, daraus die endliche Gleichung zu ge 
winnen, welche den Verlauf während einer beliebigen Zeit angibt. 
A. Gewöhnliche Differentialgleichungen. 
§ 1. Differentialgleichungen erster Ordnung. Allgemeines. 
302. Eine gewöhnliche Differentialgleichung erster Ord 
nung hat die allgemeine Form 
(i) 
fi x , y, /) = 0; 
wesentlich ist dabei jedoch nur das Auftreten von y; x oder 
y oder beide zugleich brauchen nicht explicite vorzukommen. 
Die Gleichung lösen heisst alle Functionen y von x be 
stimmen, welche nebst ihrem Differentialquotienten y sie iden 
tisch befriedigen. 
Dieser analytischen Formulirung der Aufgabe lässt sich 
eine geometrische an die Seite stellen. Werden x, y als 
(rechtwinklige) Coordinaten eines Punktes der Ebene aufgefasst, 
so bedeutet y den Richtungscoefficienten der Tangente an die 
den Verlauf von y darstellenden Curve im Punkte x/y. Die 
Gleichung (1) lösen heisst dann alle Curven bestimmen, deren 
Punkte im Vereine mit den zugehörigen Tangenten dieselbe be 
friedigen. 
Fig. 161. 
In noch anderer Weise kann die Glei- 
Y 
yj chung (1) aufgefasst und die Forderung nach 
ihrer Lösung ausgesprochen werden, wenn 
man sich des Begriffs „Linienelement“ be- 
U 
x dient; darunter soll der Complex aus einem 
Punkte xfy und einer durch ihn gehenden 
0 
Geraden, Fig. 161, verstanden werden; bezeichnet man den 
Richtungscoefficienten der letzteren mit y, so sind x/y/y die 
Bestimmungsstücke oder Coordinaten des Linienelementes.
	        
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