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Fünfter Abschnitt. Differentialgleichungen.
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Angenommen, dass die Gleichung (1) in Bezug auf y
algebraisch und vom ersten Grade ist, so liefert sie zu jeder
Wertverbindung xfy einen Wert von y, bestimmt also so
viele Linienelemente, als es Punkte in der Ebene gibt; mit
andern Worten, sie defmirt ein zweifach unendliches System
von Linienelementen. Die Gleichung lösen wird also nach
dem Yorausgehenden dabin zu deuten sein, die durch sie defi-
nirten Linienelemente auf alle möglichen Arten in einfach un
endliche Scharen ordnen derart, dass die Funkte eine Curve und
die Geraden die Tangenten dieser Curve in den zugeordneten
Funkten bilden.
Weil, wie die Folge lehren wird, die Lösung einer Diffe
rentialgleichung im Allgemeinen die Ausführung von Integra
tionen erfordert, so gebraucht man den Ausdruck „Integration
einer Differentialgleichung“ im Sinne ihrer Lösung und nennt
jede Function y von x oder jede Gleichung zwischen x, y,
welche der Gleichung (1) genügt, ein Integral derselben.
303. Betrachtet man in der Differentialgleichung
(1) f{x, y, y) = 0
y als constant, so stellt sie eine Curve dar;
diese verbindet die Punkte von Linienele
menten gleicher, durch den besonderen Wert
von y gekennzeichneter Richtung, Fig. 162.
Lässt man y alle Werte durchlaufen, deren
es vermöge (1) fähig ist, so beschreibt die
Curve ein einfaches unendliches Curvensystem.
Yon diesem Curvensystem ausgehend kann man eine
Lösung der Gleichung (1) wie folgt sich construirt denken.
Es sei
yo } Vl ) y% } • • • Vi } yi-\-1; • • •
eine Reihe in kleinen Intervallen fortschreitender Werte von
i/'; die ihnen entsprechenden Curven seien
(yo'), (yi), (yd,■■■ (yi), 040>• • •,
Fig. 163. Yon einem beliebigen Punkte M 0 der Curve (yf)
ausgehend lege man durch denselben ein Linienelement der
Richtung ?/ 0 '; durch den Punkt M xt in welchem die Gerade
Fig. 162.
0
-<y')