Einleitung.
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Reliefperspektive gelegentlich zur Anwendung. Ihre Theorie läßt
sich als eine Verallgemeinerung der Projektionsmethode an die Dar
legung dieser ohne Schwierigkeit anfügen.
Die darstellende Geometrie bedarf zu ihrer Entwickelung keiner
anderen theoretischen Voraussetzungen als der Begriffe und
Lehrsätze der elementaren Planimetrie und Stereometrie.
Diese bezeichnen daher auch das Maß der mathematischen Vor
kenntnisse, welche zum Verständnisse dieses Lehrbuches erforderlich
sind und auf welche Bezug genommen wird, ohne Erklärungen oder
Beweise hinzuzufügen. An die Elemente der Raumlehre anknüpfend
bildet die darstellende Geometrie selbständig die Lehre von den
Projektionen aus. Dasselbe Verfahren des Projizierens aber,
welches in erster Linie benutzt wird, um die Darstellung gegebener
Raumfiguren zu gewinnen, soll gleichzeitig dazu dienen, Eigen
schaften derselben zu erkennen und zu beweisen. Auch sollen die
Projektionsmethoden auf höhere stereometrische Fragen angewandt
und diese durch Konstruktion gelöst werden. Dann erst wird dem
Zwecke der mathematischen Schulung der Anschauung genügend
Rechnung getragen; denn jede konstruktive Lösung besteht in einer
methodisch geordneten Folge von Operationen, deren geometrische
Bedeutungen, im Gegensatz zu denen der rechnenden Operationen,
einzeln anschaulich erfaßt, in ihrer Gesamtheit aber bei der gra
phischen Ausführung überblickt werden können.
Durch ihre Methoden wird unsere Wissenschaft naturgemäß
zur Untersuchung derjenigen Eigenschaften der Figuren geführt,
welche mit denen der durch Projektion gewonnenen Bilder üher-
einstimmen. Diese „durch Projektion unzerstörbaren“ oder „pro
jektiven“ Eigenschaften der Raumgebilde sind es, welche in all
gemeinster Weise aufgefaßt, die Grundlagen der Geometrie der
Lage ausmachen. Bei letzterer fällt die Rücksicht auf Darstellbar-
keit fort; sie operiert lediglich mit Begriffen. Die darstellende
Geometrie aber bereitet die Bildung dieser Begriffe vor, indem sie
alle geometrischen Gesetze untersucht, welche durch den wirk
lichen Vorgang der Projektion direkt begründet werden.
Steht also die darstellende Geometrie zur Geometrie der Lage
in näherer Beziehung als zur analytischen Geometrie, welche
die Gebilde und ihre Eigenschaften durch Gleichungen zwischen
Maßzahlen bestimmt, so kann sie doch auf den Gebrauch der Maß
relationen nicht völlig verzichten, weil die Bestimmung der Größen
verhältnisse, ebenso wie die der Lageheziehungen in ihrer Aufgabe
liegt. Aber sie verwendet nur die einfachsten Formen derselben,