4 Einleitung.
bei denen an die Stelle der Rechnung mit analytischen Größen
sogleich die Konstruktion treten kann.
Irgend eine Aufgabe der darstellenden Geometrie ist als gelöst
zu betrachten, wenn sie zurückgeführt ist auf solche Elementar
operationen, welche ohne weiteres mit bekannten Hilfsmitteln
durchgeführt werden können. Unter jenen Elementaroperationen
aber sind lediglich die folgenden, welche sich sämtlich auf eine
ebene Zeichnungsfläche beziehen, zu verstehen:
das Ziehen gerader Linien durch gegebene Punkte; insbesondere
das Ziehen gerader Linien, die zu einer gegebenen Geraden
parallel sind oder auf ihr rechtwinklig stehen;
das Schlagen von Kreisen um gegebenes Centrum und mit ge
gebenem Radius.
Bezüglich des Entwickelungsganges mag Folgendes im voraus
bemerkt werden. Mit dem Einfachsten wird begonnen. Zuerst
werden ebene Gebilde der Projektion im Raume unterworfen.
Vereinigt man dann Bild- und Original ebene in geeigneter Weise,
so ergeben sich mittelbar geometrische Abhängigkeiten, die zwischen
Figuren einer und derselben Ebene stattfinden; sie werden Kol-
linearverwandtschaften oderKollineationen genannt, weil geraden
Linien stets wieder gerade Linien entsprechen. Die einfachste Art
der Centralprojektion, bei welcher die Bildebene der Ebene der
Originalfigur parallel angenommen wird, liefert die Ähnlichkeit
bei ähnlicher Lage. Aus der schiefen Parallelprojektion aber
entsteht eine Verwandtschaft ebener Figuren, welche als Affinität
bei affiner Lage bezeichnet wird; aus der Kombination beider
endlich erhält man die allgemeinste Art der Affinität. Auf
der anderen Seite ergieht die allgemeine Centralprojektion die
centrische Kollineation ebener Systeme oder die Perspektivität.
Gerade deshalb, weil die genannten Verwandtschaften ebener
Gebilde aus Projektionen im Raume entstanden gedacht werden
können, haben sie für die darstellende Geometrie eine prinzipielle
Wichtigkeit; die bei der Darstellung räumlicher Objekte auftretenden
Probleme führen immer wieder auf sie zurück. Es erschien daher
zweckmäßig, sie an geeigneter Stelle ausführlich zu behandeln. Wir
beginnen also die Darlegung der Methoden der Parallelprojektion
mit einem Kapitel über Ähnlichkeit und Affinität bei ebenen Figuren.
Dementsprechend würde ein Kapitel über Perspektivität in der
Ebene vor der Behandlung der Perspektive räumlicher Figuren
seinen natürlichen Platz finden; wir ziehen es aber vor, ein solches
bereits an einer früheren Stelle einzuschalten und später darauf