Abriß einer Theorie der höheren Kongruenzen in bezug
auf einen reellen Primzahl-Modulus.
[Journal für reine und angewandte Mathematik, Bd. 54, S. 1—26 (1857)].
Es ist meine Absicht, dem in der Überschrift bezeichneten Gegen
stand, welcher, von Gauß [*)] zuerst angeregt, später mit Erfolg von
Galois, Serret, Schönemann[**)] wieder aufgenommen ist, eine
einfache zusammenhängende Darstellung zu widmen, welche sich streng
an die Analogie mit den Elementen der Zahlentheorie binden soll.
Diese ist in der Tat so durchgreifend, daß es mit Ausnahme einiger
unserem Gegenstand eigentümlicher Untersuchungen nur einer Wort
änderung in den Beweisen der Zahlentheorie bedarf. Ich folge genau
dem Gange, welchen Dirichlet in seinen Vorlesungen über die
Zahlentheorie (oder in seiner kurzen Darstellung der Theorie der
komplexen Zahlen im 24. Bande dieses Journals) eingeschlagen hat.
In Rücksicht hierauf wird man es nicht tadeln, daß ich meist nur
die Hauptmomente der Beweise hervorhebe, da größere Ausführlich
keit für den Kenner der Zahlentheorie, welche hier vorausgesetzt
wird, ermüdend sein müßte.
Die hier dargestellte Theorie, deren Erweiterungen auf der Hand
liegen, ist vielfacher Anwendungen fähig, namentlich auf die Algebra,
wie ich in einer späteren Abhandlung zeigen werde; zunächst schien
es mir zweckmäßig, dieselbe ohne alle Einmischung algebraischer
Prinzipien abzuhandeln.
Gebiet der Untersuchung; Definitionen und Fundamentalsätze.
1.
Unter einer Funktion einer Yariabeln x wird hier immer eine
ganze rationale Funktion von x verstanden, deren Koeffizienten reelle
ganze Zahlen sind. Es werden die Eigenschaften solcher Funktionen
[*) Man vgl. 0. F. Gauß’ Werke, Bd. 2, S. 212—240.]
[**) E. Galois: Oeuvres mathématiques, S. 15 — 23. I. A. Serret: Cours
d’algèbre, 2. Ausg., S. 343 — 370. Th. Schönemann, Journ. f. Math., Bd. 31,
S. 269—325 und Bd. 32, S. 93—105, 1846.]