Dedekind, Gesammelte Werke, in.
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Herstellung dieser allgemeinen, ausnahmelosen Theorie vor sechs Jahren
zu überwinden gehabt habe, finden nach meiner Überzeugung ihren
innern Grund in dem Umstande, daß neben dieser Theorie, welche
alle ganzen Zahlen eines beliebigen Körpers umfaßt, immer unend
lich viele mit Ausnahmen behaftete Theorieen nebenher laufen, die
sich immer nur auf einen Theil aller ganzen Zahlen (auf Ordnungen,
derivirte Formen) beziehen. Und diese Schwierigkeit, durch welche
die Beweisführung sehr verlängert wird, halte ich für ganz unver
meidlich. Leider! denn jeder Leser wird schon auf dem halben Wege
glauben, dem Abschlüsse der Beweisführung ganz nahe zu sein, und
dann immer zu seinem Yerdrusse bemerken, daß noch neue Hülfs-
mittel zugezogen werden müssen. Allerdings kommt dann endlich
der Abschluß, aber der Weg ist weit.
Ich bitte Sie nun sehr um Entschuldigung, daß ich nicht schon
längst Ihnen meinen Dank für Ihre mir überaus erfreuliche und
werthvolle Theilnahme ausgesprochen habe; mein Zögern, das, wie ich
fürchte, Ihnen auffällig und kaum erklärlich sein wird, hat theils
seinen Grund in der großen Menge von Geschäften und Arbeiten,
die ich gerade in dieser Zeit zu erledigen hatte, theils und vor Allem
in meiner Unentschlossenheit über die Art, wie der von Ihnen geäußerte
Gedanke sich wohl verwirklichen ließe; so ist es gekommen, daß ich
schon mehrere Male begonnen habe Ihnen zu schreiben, dann aber durch
neue Zweifel an der Ausführbarkeit meiner Vorschläge bewogen bin,
sie noch zurückzuhalten. Nach nochmaliger reiflicher Überlegung
erlaube ich mir nun, Ihnen meine Ansicht mitzutheilen, in der Hoff
nung, daß ich durch meine Lässigkeit das Interesse, welches Sie an
der Sache nehmen, nicht gänzlich verscherzt habe.
Die oben erwähnte, in diesem Winter begonnene, aber noch nicht
vollendete Arbeit, welche ich entweder für das Borchar dt’sche Jour
nal oder für die Göttinger Abhandlungen bestimmt hatte, würde für
den vorliegenden Zweck viel zu ausführlich sein; andererseits würde
eine auszugsweise Darstellung in ähnlicher Weise, wie Sie eine solche
von Ihren höchst interessanten Untersuchungen über die homogenen
Differential-Ausdrücke für das Bulletin ausgearbeitet haben, mir
schwerlich gelingen; Sie haben es in sehr glücklicher Weise erreicht,
dem Leser ein übersichtliches Bild Ihrer Forschungen vorzuführen und
in so verständlicher Weise, daß man allenfalls im Stande wäre, die
Original-Abhandlungen danach wiederherzustellen. Bei meinem Gegen