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Vieta und Harriot lehrten den Näherungswerth der
Wurzeln einer Zahlengleichung auf dieselbe Art finden, wie
man die zweite, dritte, vierte Wurzel aus einer Zahl zieht,
die keine vollständige Potenz bildet *). Und wirklich ist das
Aufsuchen der Wurzeln einer Gleichung eigentlich nur eine
zusammengesetztere Extraction der Wurzel von dem Grade,
welchen die Gleichung hat. Hier kommt jedoch nur die
höchste Potenz mit in Berechnung, und dort auch alle nie
drigern von jener höchsten an. Die Operation nach dieser
Methode wird beschwerlicher, wenn die Glieder der Glei
chung verschiedene Zeichen haben. Will man nach ihr in
diesem Falle doch rechnen, so thut man wohl, die vorgelegte
Form erst auf obige Form zurück zu bringen, man hat dann
w"+Ax 1l - X + Bx 1 - 2 -f- .... -hMx — ]\ = 0
oder x n +A'ß Li +Bx n -~ .... ~\-Mx=N,
und kann nun leicht durch Versuche vor und nach den Na
herungswerth von x auf beliebig viele Decimalstellen finden.
Lagrange lehrt in der Note XII. zu seinem Traite de
la resoluiion des e'quations numeriques ein anderes Ver
fahren, um jede Gleichung auf die obige Form zu bringen.
Sein Verfahren ist zwar directer, jedoch auch verwickelter,
und kann auf große Weitläuftigkeiren führen. Es erfordert,
daß man die Grenzen einer Wurzel a<ix<ih kenne, so
daß alle übrige reelle Wurzeln, und die reellen Theile der
imaginären Wurzeln, nicht zwischen a und h enthalten seyen.
Lagrange sagt aber selbst in der Einleitung zu jenem Werke,
daß das Aufsuchen dieser Grenze oft schwerer sey, als die
Auflösung der Gleichung selbst. Ist jedoch diese Grenze ge
funden, und man setzt x— ( ^^-, wo also y=^ZHL
1+J 6—x
*) Wir werden auf dieses Verfahren später wieder zurück
kommen.