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§. 495. Die Auflösung einer Zahlengleichung ist nur
ein zusammengesetzteres Extrahiren der Wurzeln, mit dem
Unterschiede, daß man hier mit einer einzigen Potenz, und
dort mit vielen und vermischten zu thun hat. Und so wie
nun das Extrahiren der Wurzeln ganz elementar ist, so
sollte es auch die Auflösung der Zahlengleichungen seyn.
Keine Auflösungsart derselben entspricht aber mehr dieser
Forderung, als die von Vieta, und die andere, welche sich
auf die Regel vom falschen Satze gründet. Daß diese Me
thoden zum Theil auf Versuchen beruhen, kann ihnen nicht
zum Vorwurfe gereichen, da ja auch das Berechnen der
zweiten, dritten re. Wurzel einer gegebenen Zahl, und selbst
das gewöhnliche Dividiren Versuche voraussetzt, wenn der
Rechner nicht Gewandtheit und Uebersicht genug hat, die
rechten Zahlen beim ersten Anblick aufzufinden. Was jedoch
die Uebung leistet, darf der Methode nicht zu gute gerech
net werden, und so möchte den in Rede stehenden Metho
den für Auflösung der Zahlengleichungen in dieser Hinsicht
nichts zur Last gelegt werden können.
§. 496. Wir haben gesehen, daß es bis jetzt noch die
Kräfte der Algebra übersteigt, Gleichungen über den vierten
Grad hinaus allgemein aufzulösen, daß jedoch hieraus kein
gar zu großer Nachtheil für wirkliche Berechnungen entsteht,
weil dabei die bekannten Größen in Zahlen gegeben sind,
und dadurch die Endgleichung immer eine Zahlengleichung
wird, welche aufzulösen wir in den beiden letztern Kapiteln
gelehrt haben.
Allerdings bleibt es dennoch zu wünschen, daß man die
allgemeine Auflösung der Gleichungen noch einst auffinden
möge. Mehr Interesse hat dieser Wunsch aber für die
Wissenschaft, als für die Praxis, weil die allgemeine Auflö
sung der höhern Gleichungen, was sich bestimmt voraussagen