Full text: Wege zur physikalischen Erkenntnis (Band 1)

    
ene 
nes 
ung 
und 
sen 
rlei 
ilen 
der 
er- 
'ein 
cht 
(in- 
end 
an 
ten 
| je 
etz 
für 
'Or- 
Ich 
die 
nft 
ist 
ten 
zen 
ern 
eu- 
mit 
len 
ak- 
auf 
auf 
det 
123 
  
Kausalgesetz und Willensfreiheit 
Laplaceschen Geistes zu spielen sich berufen fühlte. Anderer- 
seits sind wir aber doch, um überhaupt mit anderen ver- 
kehren zu können, darauf angewiesen, ihr Verhalten nach 
kausalen Gesichtspunkten zu beurteilen, damit wir die 
Motive ihrer Handlungen verstehen und gegebenenfalls nach 
unseren Wünschen beeinflussen können, und wir werden es 
im allgemeinen um so leichter haben, je weniger fein ent- 
wickelt deren Intelligenz gegenüber der unsrigen ist. Ebenso 
kann es leicht umgekehrt einmal vorkommen, wie jeder von 
seiner eigenen Kinderzeit her weiß, daß wir von einer über- 
ragenden Persönlichkeit den Eindruck haben, sie vermöge 
uns besser als wir sie zu durchschauen. Dann beschleicht uns 
eine Empfindung der Unsicherheit, wir müssen uns auf Über- 
raschungen gefaßt machen, und es entspringt daraus je nach 
den Umständen das Gefühl mißtrauischer Angst oder hin- 
gebender Ehrfurcht. 
VI. 
Bis zu diesem Punkte, meine Damen und Herren, hat uns 
eine rein wissenschaftliche Betrachtungsweise geleitet, aber 
hier fángt sie an, uns im Stich zu lassen. Denn wir sehen 
klar, daB das Kausalgesetz uns auf unserem eigenen Lebens- 
pfad kein Fiihrer sein kann, da es ja logisch genommen aus- 
geschlossen ist, daß wir jemals allein durch Überlegungen 
kausaler Art zu einer Einsicht in die Motive unserer zukünf- 
tigen Handlungen gelangen können. 
Aber der Mensch braucht nun einmal Grundsätze, nach 
denen er sein Tun und Lassen einrichtet, er bedarf ihrer sogar 
noch viel dringender als der wissenschaftlichen Erkenntnis. 
Eine einzige Tat hat manchmal für ihn mehr Bedeutung 
als alle Wissenschaft der Welt zusammengenommen. Deshalb 
ist er genötigt, sich an dieser Stelle nach einer anderen Führung 
umzusehen, und eine solche findet er nur dadurch, daß er 
statt des Kausalgesetzes das Sittengesetz, die ethische Pflicht, 
den kategorischen Imperativ einführt. Dann tritt an die 
Stelle des kausalen ,,Mul3‘‘ das sittliche ,,Soll'*, an die Stelle 
der Intelligenz der Charakter, an die Stelle der wissenschaft- 
lichen Erkenntnis der religiöse Glaube. Hier wird die Aus- 
sicht frei, und es eröffnet sich dem denkenden und streben- 
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.