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Kausalgesetz und Willensfreiheit
Laplaceschen Geistes zu spielen sich berufen fühlte. Anderer-
seits sind wir aber doch, um überhaupt mit anderen ver-
kehren zu können, darauf angewiesen, ihr Verhalten nach
kausalen Gesichtspunkten zu beurteilen, damit wir die
Motive ihrer Handlungen verstehen und gegebenenfalls nach
unseren Wünschen beeinflussen können, und wir werden es
im allgemeinen um so leichter haben, je weniger fein ent-
wickelt deren Intelligenz gegenüber der unsrigen ist. Ebenso
kann es leicht umgekehrt einmal vorkommen, wie jeder von
seiner eigenen Kinderzeit her weiß, daß wir von einer über-
ragenden Persönlichkeit den Eindruck haben, sie vermöge
uns besser als wir sie zu durchschauen. Dann beschleicht uns
eine Empfindung der Unsicherheit, wir müssen uns auf Über-
raschungen gefaßt machen, und es entspringt daraus je nach
den Umständen das Gefühl mißtrauischer Angst oder hin-
gebender Ehrfurcht.
VI.
Bis zu diesem Punkte, meine Damen und Herren, hat uns
eine rein wissenschaftliche Betrachtungsweise geleitet, aber
hier fángt sie an, uns im Stich zu lassen. Denn wir sehen
klar, daB das Kausalgesetz uns auf unserem eigenen Lebens-
pfad kein Fiihrer sein kann, da es ja logisch genommen aus-
geschlossen ist, daß wir jemals allein durch Überlegungen
kausaler Art zu einer Einsicht in die Motive unserer zukünf-
tigen Handlungen gelangen können.
Aber der Mensch braucht nun einmal Grundsätze, nach
denen er sein Tun und Lassen einrichtet, er bedarf ihrer sogar
noch viel dringender als der wissenschaftlichen Erkenntnis.
Eine einzige Tat hat manchmal für ihn mehr Bedeutung
als alle Wissenschaft der Welt zusammengenommen. Deshalb
ist er genötigt, sich an dieser Stelle nach einer anderen Führung
umzusehen, und eine solche findet er nur dadurch, daß er
statt des Kausalgesetzes das Sittengesetz, die ethische Pflicht,
den kategorischen Imperativ einführt. Dann tritt an die
Stelle des kausalen ,,Mul3‘‘ das sittliche ,,Soll'*, an die Stelle
der Intelligenz der Charakter, an die Stelle der wissenschaft-
lichen Erkenntnis der religiöse Glaube. Hier wird die Aus-
sicht frei, und es eröffnet sich dem denkenden und streben-