Full text: Lehrbuch der Ebenen Geometrie für Schulen (Erster Theil)

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Elfter Abschnitt. 
und des Auges verrichtet werden; sondern bloß von sol 
chen, die in der Vorstellung vorgenommen werden. 
Incommensurabilität ist daher keine solche Eigenschaft 
der Größen, welche dem Auge sichtbar, oder der Hand 
fühlbar gemacht werden könnte. Sie ist eine Idee, 
die nur dem Verstände begreiflich, aber nicht den äuße 
ren Sinnen anschaulich ist. Für diese giebt es nichts 
incommensurables, da schon der tausendste Theil eines 
Zolles kaum noch als ein Punkt dem Auge wahrnehm 
bar ist; obgleich daraus nicht geschlossen werden darf, 
daß die Länge eines Zolles an sich nicht in noch viel 
mehr Theile theilbar sei, und von einem absolut voll 
kommenen Auge bis ins Unendliche getheilt werden 
könnte. Die Vernunft des Menschen reicht weit über 
die Gränzen hinaus, in welche die Beschränktheit unse 
rer körperlichen Sinne eingeschlossen ist. 
§.5. Erklärung. 
Wenn man von zwei incommensurablen Größen, A 
und B, die eine, A, zur Einheit annimmt, so nennt man 
die Zahl, wodurch die andere, B, aus dieser Einheit aus 
gedrückt werden soll, eine irrationale Zahl. 
Eine solche Zahl kann nie genau dargestellt wer 
den, doch kann der Fehler derselben kleiner gemacht 
werden, als jede gegebene Größe. 
Das deutlichste Beispiel irrationaler Zahlen geben die Qua- 
dratwurzeln aus unvollkommenen Quadratzahlen, oder über- 
Haupt die Wurzeln jeder Ordnung aus unvollständigen Po- 
tenzzahlen. 
Irrationale Zahlen verwechsle man nicht mit solchen Quotien- 
- ten, welche in Deeimalbrüchen niemals ohne Fehler ausge-
	        
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