Full text: Abhandlungen (1888 - 1902) und Reden (3. Band)

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REDE AM 3. AUGUST 1900. 
Ähnlich ist es mit den doppeltperiodischen (elliptischen) Functionen be 
stellt. Diese besitzen ebenfalls ein Additionstheorem, welches eine Funda 
mentaleigenschaft dieser Functionen in dem Sinne darstellt, dass aus der 
selben alle anderen Eigenschaften dieser Functionen hergeleitet werden können. 
Dieser Umstand hat es Weierstrass, dem unvergesslichen Meister der Analysis, 
möglich gemacht, in einer späteren Epoche seiner Vorlesungen an hiesiger 
is] Universität, vom Additionstheorem ausgehend, die ganze Theorie der ellip 
tischen Functionen aufzuhauen. 
Eines der lehr- und folgenreichsten Beispiele für die Bestimmung einer 
Function durch besondere Merkmale vollzog sich an der Theorie des Potentials, 
jener Function, welche in der Physik überall, wo das NEWTOxsche Gesetz 
gilt, insbesondere in der Lehre vom Magnetismus und von der Electricität, 
von so grosser Bedeutung geworden ist. Der Werth des Potentials ist von 
der geometrischen Gestalt der Massen, auf welche dasselbe Bezug nimmt, und 
von der Dichtigkeit derselben abhängig, und ist durch ein einfaches oder 
mehrfaches bestimmtes Integral dargestellt. Die wirkliche exacte Berechnung 
jedoch ist nur in den seltensten Fällen durchführbar, unter einer solchen Be 
rechnung die Darstellung durch bekannte Functionen verstanden. Es ist einer 
der schönsten Gedanken des grossen mathematischen Denkers G. Lejeuxe- 
Dirichlet gewesen, dem Ausdrucke des Potentials diejenigen functionalen 
Eigenschaften abzulauschen, durch welche die Abhängigkeit seines Werthes 
von der Lage der durch die NEwroxschen Kräfte afficirten Massen vollkommen 
und unzweideutig bestimmt wird. Hierdurch ist die Frage der Ausrechnung in 
den Hintergrund gedrängt und für die wichtigsten Schlüsse sogar entbehrlich 
gemacht. 
Der von Dirichlet am Potential entwickelte Gedanke ist seitdem zu 
einem fundamentalen Princip für alle Gebiete der mathematischen Physik, 
namentlich für die Lehre der Electricität und des Magnetismus, sowie für 
die Lehren der Wärme und der durch die Elasticität hervorgerufenen Be 
wegungen ausgewachsen; und es war noch Dirichlet selbst vergönnt, die 
leitenden Gedanken an grossen Beispielen zu verwirklichen. Überall begegnen 
wir hier gewissen Differentialgleichungen, welche die physikalischen Vorgänge 
16] definiren. Es liegt jedoch in der Natur solcher Differentialgleichungen, 
dass sie eine unendliche Mannigfaltigkeit von Lösungen darbieten. Aus dieser
	        
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