Full text: [Wahrscheinlichkeitsrechnung und Geometrie] (4. Band)

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NACHLASS. 
Ich bin demnach der Meinung, die sämmtlichen Yeränderungsvorschläge des Herrn Universitätsraths 
O. für den Augenblick ganz auf sich beruhen zu lassen; es ist in dem uns zu lebhaften Danke verpflichtenden 
P. M. gezeigt, dass eine nahe Gefahr nicht vorhanden ist. Ja selbst wenn in den nächsten Jahren durch noch 
neu hinzukommende Witwen anstatt des letzten noch immer erfreulichen Ueberschusses einiges Deficit ein- 
treten sollte , so darf man nicht vergessen, dass ja die gesammelten Ueberschüsse zum Theil die Bestimmung 
haben, solche durch vorübergehende Conjuncturen entstandenen Fluctuationen zu decken. 
Aber eine gründliche Untersuchung halte ich, in Uebereinstimmung mit dem Rescript und mit den 
von Sr. Magniticenz geäusserten Ansichten, allerdings für nothwendig. Selbst bei der heitersten Ansicht, die 
man von dem Zustande der Gesellschaft haben mag, wird eine solche jedenfalls wenigstens späterhin noth 
wendig werden müssen, schon aus folgendem Grunde. 
Wenn ich, ehe eine gründliche auf strengen Calcül gegründete Untersuchung statt gefunden hat, meine 
Meinung aussprechen darf, so glaube ich, dass die jetzige grosse Anzahl der Witwen als anomal betrachtet 
werden muss. Es ist wahr, dass die Anzahl der theilnehmenden Professoren mit der Anzahl der Witwen in 
einem gewissen Verhältnisse stehen muss; und dass jetzt die erstere Zahl viel grösser ist als ehedem. Allein 
der jetzige hohe Bestand der Witwen steht damit in gar keinem Zusammenhänge. Bleibt die Anzahl der 
theilnehmenden Professoren fortan immer so gross, so ist dies ein sehr ernsthaft zu envägender Punkt, aber 
nicht für jetzt, sondern wegen der fernen Zukunft; erst nach 2 0 oder 30 und mehreren Jahren können 
die Folgen davon sehr sichtbar werden. 
Dies vorausgesetzt, ist mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass, vielleicht schon nach wenigen Jah 
ren, die Anzahl der Witwen wieder abnehmen, vielleicht bedeutend abnehmen, und also der Bestand der Ue 
berschüsse von S149 Thl. wieder anwachsen, vielleicht bedeutend anwachsen wird. Oh aber die Anzahl der 
Witwen z. B. hinnen 10 Jahren bis auf oder unter 15 ahnehmen wird, ist viel ungetvisser. Gesetzt nun die 
Ueberschüsse wären auf 1 5000 Thl. oder höher angewachsen, die Anzahl der Witwen aber bÜQbe hartnäckig 
auf 16 stehen, was soll dann geschehen? Von der einen Seite will man die Ueberschüsse nicht ins Unend 
liche anwachsen lassen, von der andern steht das Statut einer Vergrösserung der Pension entgegen. Dann 
muss ja eine gründliche Prüfung angestellt werden, ob und in welchem Maasse man das Statut verändern darf, 
ohne die Gesellschaft zu gefährden. 
Dem Vertrauen womit Se. Magnificenz und einige der Herren Collegen mich beehren, indem sie wün 
schen, dass ich eine solche Prüfung auf mich nehme, durch welche nemlich eine auf Mortalitätsgesetze und 
die Wahrscheinlichkeitsrechnung basirte Bilanz zwischen dem Vermögen der Anstalt und ihren Obliegenheiten 
gezogen werden soll, will ich mich nicht entziehen, muss jedoch folgendes bevorworten. 
Erstlich haben von der Langwierigkeit solcher Rechnungen diejenigen Herren eine sehr falsche Vor 
stellung, welche glauben, dass sie binnen vier Wochen vollendet werden können. Zu einer bestimmten Frist 
kann ich mich also um so weniger anheischig machen, je kleiner der Theil meiner Zeit sein wird, den ich dar 
auf werde verwenden können. 
Zweitens lassen sich die Rechnungen mit Gründlichkeit gar nicht führen, ohne die nöthigen Data, wo 
von zur Zeit gar Nichts vorliegt. Worin die erforderlichen Data bestehen, werde ich weiterhin angeben; 
ohne sie kann ich mich auf gar nichts einlassen; ob, auf welche Weise und wie bald sie aber zusammen zu 
bringen sind, muss ich ganz der Kirchen-Deputation überlassen. 
Drittens, die eigenthümliche Einrichtung unsrer Witwenkasse enthält mehrere Elemente die von dem 
Mortalitätsgesetze unabhängig sind, und sich einem Calcül nicht unterwerfen lassen. Wegen dieses Um 
standes wird das Endresultat nothwendig mit einiger Unvollkommenheit behaftet bleiben; ich hoffe jedoch, 
dass sich Surrogate finden lassen, durch deren Benutzung diese Unvollkommenheit unerheblich sein wird. 
Ich will nun suchen, in der Kürze anzudeuten, worauf es bei dieser Arbeit ankommt.
	        
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