Full text: [Wahrscheinlichkeitsrechnung und Geometrie] (4. Band)

ANWENDUNG DER WAHRSCHEINLICHKEITSRECHNUNG ETC. 
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neuhinzukommenden Ehepaare, als das Verhältnis, nach welchem in einer solchen Gruppe die verschie 
denen Altersstufen gemischt sind, Jahr für Jahr sich gleich bleibt, ungleichen, dass das Absterben genau 
mit den Mortalitätstafeln gleichen Schritt hält, so wird jener Beharrungszustand seinen Namen nach aller 
Strenge verdienen; sowohl die Anzahl der Ehepaare in der Gesellschaft wird ganz ungeändert bleiben, 
als die Anzahl der Witwen, nachdem diese ihren höchsten Werth einmal erreicht hat. Es ist ferner klar, 
dass, wenn man sich eine zweite ähnliche Gesellschaft vorstellt, in welcher die neuheltretenden genau in 
demselben Verhältnisse gemischt sind, wie in der ersten, welche aber doppelt so viele Ehepaare umfasst, 
die höchste Witwenzahl auch doppelt so gross sein werde; oder, um es allgemein auszudrücken, das Ver- 
hältniss der stehenden Ehen zu der Zahl der Witwen, nach eingetretenem Beharrungszustande, wird nicht 
von dem Umfange der Association (insofern er nur als constant bleibend betrachtet wird), sondern bloss 
von dem Verhältnisse abhängen, nach welchem die verschiedenen Altersstufen der neu beitretenden ge 
mischt sind, und, wenn letzteres Verhältniss vollkommen bekannt wäre, würde ersteres sich a priori durch 
Rechnung bestimmen lassen. Eintreten wird übrigens der Beharrungszustand, wo nicht früher, doch je 
denfalls dann, wenn die Stammtheilnehmer alle ausgestorben sind, was, wenn die extremsten Fälle berück 
sichtigt werden sollen, möglicherweise sich bis 80 Jahre nach dem ersten Zusammentreten verzögern könnte. 
Indessen kann man annehmen, dass schon nach 4 5 — 5 0 Jahren der wirkliche Zustand dem Beharrungszu 
stande sehr nahe gekommen sein wird*). Um die Vorstellungen mehr zu fixiren, will ich beispielshalber 
bestimmte Zahlen nennen, welche jedoch, da sie nur zur Erläuterung des sonst abstracten Vortrags die 
nen sollen, auf vollkommen scharfe Angemessenheit keinen Anspruch machen. Die Gesellschaft bestehe aus 
2600 Ehepaaren, zu denen jährlich 130 neue hinzutreten, während durchschnittlich eben so viele abgehen, 
und zwar 7 0 durch den Tod des Mannes, 60 durch den Tod der Frau. Von den während eines Jahres 
entstehenden 7 0 Witwen stirbt eine schon in demselben Jahre, so dass am Schluss des ersten Jahres 6 9 
"Witwen vorhanden sind. Von diesen sind am Ende des zweiten Jahres weitere 2 verstorben, dagegen wie 
der 6 9 neue Witwen hinzugekommen, folglich zusamen 136 vorhanden. Von diesen sterben während des 
dritten Jahrs 4, und indem die neu hinzugekommenen wieder 6 9 betragen, ist die Gesammtzahl am Schluss 
des dritten Jahres 201. Auf diese Weise immer langsamer fortschreitend mag die Zahl der Witwen nach 
io Jahren 600 , nach 20 Jahren 1000, nach 30 Jahren 1200, nach 40 Jahren 1280 , nach 45 Jahren 1294, 
nach 5 0 Jahren 1 298 betragen, zu welchen später noch ein paar hinzukommen, und das wirkliche Maxi 
mum 1300 hervorbringen. Hier hätten wir demnach das Verhältniss der stehenden Ehen zu der höchsten 
Witwenzahl wie zwei zu eins. 
In einer wirklichen Gesellschaft, wo die geforderten Bedingungen nicht in ihrer scharfen Strenge, 
sondern nur durchschnittlich gelten, wird es natürlich nicht so regelmässig hergehen können, wie in der 
iingirten. In jener werden jährlich nicht genau 130 neue Ehepaare beitreten, sondern in einem Jahre et 
was mehr, in einem andern etwas weniger. Eben so werden die verschiedenen Altersstufen der neu bei 
tretenden in einem Jahre etwas anders gemischt sein, als in einem andern, oder als in der idealen Gesell 
schaft angenommen war, zum Beispiel, das Durchschnittsalter der Männer, oder das der Frauen, oder der 
durchschnittliche Unterschied beider wird einmal etwas grösser, ein andermal etwas kleiner sein. Endlich 
wird auch von einer gegebenen Personenmenge das Absterben nicht genau nach den Mortalitätstafeln er 
folgen, sondern in einem Jahre werden diese etwas zu wenig, in einem andern etwas zu viel angeben. 
Der Erfolg von allem dem wird sein, dass in der wirklichen Gesellschaft zu einer Zeit die Zahl der Wit 
wen etwas grösser sein wird, als in der idealen, zu einer andern etwas kleiner. Ein eigentlicher Behar 
rungszustand im strengsten Sinn wird in jener niemals eintreten, sondern ein Fluctuiren um einen Mittel- 
*) Kkittee begnügt sich, in seinem Gutachten, schon mit 4 0 Jahren.
	        
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