Full text: [Wahrscheinlichkeitsrechnung und Geometrie] (4. Band)

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NACHLASS. 
[in.] 
[ Commissionsbericht. ] 
Die für die Witwenkassen-Angelegenheit ernannte Commission beehrt sich, das Resultat ihrer Be- 
rathung hiemit vorzulegen. 
Es kam zuerst in Frage, welcher Zinsfuss als Grundlage für die zu treffenden Maassregeln anzu 
nehmen sei. 
Die Capitale der Witwenkasse sind zwar gegenwärtig dem grössten Theile nach noch zu höherm 
Zinsfuss als Procent belegt, jedoch so, dass bei-richtiger Würdigung der Verhältnisse der mittlere Zins 
fuss jedenfalls wie niedriger als 4 Procent stehend betrachtet werden muss. In Erwägung aber von fol 
genden Gründen: 
1) dass ganz unverkennbar der Zinsfuss in allen Ländern Europas, einzelner Fluctuationen ungeach 
tet, die Tendenz zu weiterm Herabsinken zeigt*); 
2) dass jede vom Zinsfusse wesentlich abhängige Anstalt, wenn sie nicht für eine durchaus unsichere 
gelten soll, nicht auf dem augenblicklich bestehenden, sondern auf einem etwas niedrigem Zinsfuss basirt 
werden muss; 
3) dass auch die Regulirungen von 1794 uns in so fern mit einem guten Beispiele vorangegangen 
sind, als man damals wenigstens die Intention hatte, die Gasse für den Zinsfuss von 3 Procent sicher zu 
stellen; 
hält die Commission die Zugrundelegung eines hohem Zinsfusses als 3J Proc. nicht für zulässig, und da 
her für unumgänglich nothwendig, dass man sich die Deckung des bei diesem Zinsfusse resultirenden De 
ficits von 17 520 Thalern zum Ziele setze. 
Wenn man vermeinte, dass die auch bei den bisherigen Einrichtungen zur Zeit noch Statt finden 
den jährlichen Überschüsse **) schon an sich Schritte zur Deckung des Deficits seien, und dass dieses ge 
tilgt sein werde, sobald nur das jetzige Vermögen sich um 17 520 Thaler vergrössert haben würde, so 
würde eine solche Meinung nur auf einer Begriffsverwirrung und auf einer gänzlichen Verkennung der Be 
deutung des Deficits beruhen. Im Geiste des Calcüls, durch welchen die Grösse des Deficits eruirt ist, 
liegt in dem Resultate implicite schon die volle Berücksichtigung der jetzt noch Statt findenden jähidichen 
Ersparnisse mit, und diese wie Schritte zur Deckung betrachten, würde dasselbe sein, als wenn man sie 
zweimal in Rechnung brächte***). Die Genossenschaft möge sich also keine Illusion über die Wahrheit 
*) Einer der erleuchtetsten Staatsmänner, namentlich im Fache der Finanzverhältnisse, der Grossherz. 
Badensche Minister Nebenius sagt in seinem bekannten Werke Über die Herabsetzung der Zinsen der öffentli 
chen Schulden, S. 129: ‘Das allmählige weitere Sinken des Zinsfusses, welches bei längerer Fortdauer des 
Friedens nicht ausbleiben kann, wird zuletzt überall, hier etwas früher, dort etwas später, die Reduction auf 
drei Procent herbeiführen, oder sie wenigstens als eine nur von dem Entschlüsse der Regierung abhängige 
Maassregel erscheinen lassen’; und an einer andern Stelle S. 21 : ‘Einer Periode grösserer Regsamkeit in pro 
ductiven Unternehmungen, die das Sinken des Zinsfusses eine Zeitlang aufhält, folgt um so gewisser ein ra 
sches Sinken des Zinsfusses nach.’ 
**) Die Jahresrechnung 18 44— 18 45 ergibt keinen Überschuss; denn 
für 1844 Juli l Avar das Geldvermögen ausgeworfen zu 1 1 6375 Thl. 14 Ggr. 6 Pf. 
für 1845 Juli l aber, nur zu 1 16369 ,, 17 ,, 4 ,, 
Da jedoch im laufenden Jahre drei "Witwen weniger sind, so wird in demselben wieder auf Überschuss zu 
rechnen sein, der auch wahrscheinlich noch eine Zeitlang fortdauern Avird. 
***) Da ähnliche Ansichten dem Vernehmen nach hie und da geäussert sind, in diesem Bericht aber 
zur Beseitigung derselben nicht der Ort sein würde, so ist in der Anlage noch eine nähere Beleuchtung des
	        
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