DIOPTRISCHE UNTERSUCHUNGEN.
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eine Zusammensetzung aus einer Flintglaslinse, und einer Kronglaslinse, in Be
rührung oder sehr geringem Abstande von einander, angenommen wird. Immer
bleibt es unmöglich, auf diese Weise von einem ausgedehnten Objecte ein voll
kommen farbenreines Bild hervorzubringen, indem das violette Bild, wenn es in
demselben Abstande von dem Linsensysteme liegen soll wie das rothe, nothwen-
dig grösser wird, als das letztere.
Man darf jedoch hieraus keinesweges folgern, dass Fernröhre von dieser
letztem Einrichtung in Beziehung auf Achromatismus unvollkommener bleiben
müssen, als Fernröhre mit achromatischen nach der gewöhnlichen Art construir-
ten und ein völlig farbenreines Bild hervorbringenden Objectiven. Man kann
vielmehr gerade umgekehrt behaupten, dass jene bei einer wohlberechneten An
ordnung der Oculare dem Auge das farbenreinere Bild zu geben fähig sind.
In der That kann ein vollkommen farbenreines vom Objectiv erzeugtes Bild
(möge es ein wirkliches oder virtuelles sein) wegen der Farbenzerstreuung, welche
durch die Oculargläser hervorgebracht wird, dem Auge nicht vollkommen rein
erscheinen; man verhütet zwar durch besondere Anordnung der Oculare den so
genannten farbigen Band, kann aber damit die Längenabweichung nicht aufhe-
ben, welche noch durch den Umstand vergrössert wird, dass das menschliche
Auge selbst nicht achromatisch ist. Man bewirkt nur, dass die letzten Bilder,
rothes und violettes, in einerlei scheinbarer Grösse, nicht aber, dass sie in glei
chem Abstande oder zugleich deutlich erscheinen.
Die ungleiche Grösse der ersten Bilder, des rothen und violetten, welche
bei den dialytischen Objectiven unvermeidlich ist, lässt sich aber durch eine an
gemessene Einrichtung der Oculare sehr wohl compensiren, so dass der farbige
Band in der Erscheinung eben so gut gehoben wird, wie bei Fernrohren von ge
wöhnlicher Einrichtung, während die zweite eben berührte Unvollkommenheit
auch hier bleibt, so lange das erste rothe und violette Bild in gleicher Entfer
nung von dem Objective liegen.
Es ist also klar, dass um im Auge ein vollkommen farbenreines Bild her
vorzubringen, das erste Bild eine gewisse von den Verhältnissen der Oculare und
dem Nichtachromatismus des menschlichen Auges abhängende Längenabweichung
haben muss. Theoretisch betrachtet lässt sich nun allerdings auch ein Objectiv
von gewöhnlicher Einrichtung so berechnen, dass eine vorgeschriebene Längen
abweichung Statt findet; allein abgesehen von der Schwierigkeit, der ganzen
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