ERDMAGNETISMUS UND MAGNETOMETER.
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genau zu reden, nur in jedem Augenblick. Wir beziehen diese Richtung an je
dem Orte auf die Yerticallinie (oder, was auf dasselbe hinausläuft, auf die gegen
diese normale Horizontalebene) und auf die Meridianebene. Den Winkel, wel
chen die Richtung der erdmagnetischen Kraft mit der Horizontalebene macht,
nennen wir die Neigung (Inclination) der Magnetnadel; der Winkel zwischen der
jenigen Yerticalebene, in welcher sich jene Richtung befindet, und der Meridian
ebene ist die Abweichung (Declination) der Nadel. Diese beiden Elemente be
stimmen die Richtung der erdmagnetischen Kraft vollständig: sie sind an ver
schiedenen Orten verschieden, aber sie sind an einem und demselben Orte nicht
beständig, sondern immerwährenden Veränderungen unterworfen, auf die wir
nachher zurückkommen werden.
Zunächst müssen wir aber die ungleiche Art, wie die beiden Kräfte nach
ihren Richtungen wirken, näher betrachten. Die Schwerkraft treibt einen Kör
per, sobald keine Hindernisse im Wege stehen, in ihrer Richtung nach unten,
und diese Bewegung wird immer schneller, so lange der Körper frei fallen
kann. Die Schwerkraft bringt einen Körper, der sich frei bewegen kann, nur
in eine fortschreitende (progressive) Bewegung, nicht in eine drehende (rotato
rische).
Mit der erdmagnetischen Kraft verhält es sich gerade umgekehrt: diese kann
den Körpern, welche sie in Bewegung setzt, nur eine drehende, nie eine fort
schreitende Bewegung ertheilen. Wollen wir also die Wirkung der erdmagneti
schen Kraft auf einen Körper rein beobachten, so müssen wir zuvörderst die pro
gressiven Bewegungen, die die Schwere hervorbringen könnte, ausschliessen oder
unmöglich machen. Eine Magnetnadel, die auf ihrer untern Seite eine kegel
förmige Vertiefung (ein Hütchen) hat, und damit auf einer feinen Spitze hängt,
befindet sich in diesem Falle. Trifft dieser Aufhängepunkt (die Spitze des Hüt
chens) genau mit dem Schwerpunkt der Nadel zusammen, so ist letztere gegen
die Schwerkraft ganz indifferent, und zeigt sich nun einer Kraft unterwürfig, die
sie in die Richtung des Erdmagnetismus zu bringen strebt. Ist die Nadel schon
Anfangs in dieser Lage, so bleibt sie darin : trifft aber der Erdmagnetismus sie
Anfangs in einer andern Lage, so setzt letzterer sie in eine Bewegung, vermöge
welcher sie sich jener Lage nähert, und (weil die Schnelligkeit der Bewegung so
lange zuniramt, als jene Lage noch nicht erreicht ist) sogar über dieselbe hinaus
geht, wo dann aber die erdmagnetische Kraft, stets die Nadel der Normalrich-