356
BRIEFWECHSEL MIT BESSEL.
durch so heterogene Arbeiten wie Collegia lesen, alles kleinliche Detail beim
Observiren und Rechnen der Beobachtungen, etc. etc. stündlich gehindert
werden
Die Fatigen im heissen Sommer sind oft äusserst angreifend für mich
gewesen, zuweilen so, dass ich glaubte, ich würde ihnen erliegen. Auch das
ist eine grosse Beschwerde bei den Arbeiten in der öden Lüneburger Heide,
dass man öfters nur ein schlechtes Unterkommen und doch selbst ein solches
nur meilenweit vom Arbeitspunkte haben kann. Bei kühlem Wetter, welches
meiner Constitution besser zusagt, befand ich mich im allgemeinen immer
leidlich wohl, und jetzt kann ich über mein Befinden nicht klagen
Sie können aus obigem Bericht selbst sehen, was zur Vollendung meiner
Triangulirung noch fehlt, aber einen eigentlichen Plan für nächsten Sommer
kann ich jetzt noch nicht machen, es wird dabei auch vieles auf Schumachers
Cooperation ankommen. Es wäre möglich, dass ich, wenn ich mich bloss
auf das Indispensable beschränke, schon im April und Mai die Dreiecke be
endige und dann hieher zurückkomme; vielleicht im Julius hier und im
August an einem nördlichem Punkte (Celle, Harburg, Hamburg?) mit dem
Zenithsector messe. Es könnte aber auch sein, wenn ich die Kosten nicht
zu scheuen brauche, dass ich noch den ganzen Sommer auf die Triangulirung
wende, um alles zur möglich grössten Vollkommenheit zu bringen.
Vor einigen Tagen habe ich aus München ein Universalinstrument er
halten, das ich vor zwei Jahren vorzüglich behuf der Azimuthe bestellt hatte.
Inzwischen scheint nach meiner vorläufigen Reduction das von meinem Pas
sageninstrument entlehnte und bis Hamburg übertragene Azimuth von dem, was
mir Schumacher mitgetheilt hat (er hat auch vorläufig den Winkel zwischen
Lüneburg und Wilsede, von wo ich ihm Heliotroplicht zusenden liess, ge
messen), noch nicht 1"5 zu difieriren und also eine Azimuthmessung von
meiner Seite an andern Punkten wohl ziemlich überflüssig zu sein. Ob ich
mich veranlasst sehen werde, mit dem Universalinstrument auch Polhöhen an
mehrern Punkten zu messen, wird sich zeigen, wenn ich das Instrument erst
eine Zeit lang gebraucht habe. Es ist gut gearbeitet, scheint mir aber für
den Gebrauch nicht recht bequem zu sein, besonders für ein kurzsichtiges
Auge, welches zum Ablesen bei den Stellkreisen nicht gut zu kann. Auf alle
Fälle muss es sehr ermüdend sein, viel damit zu beobachten. Meine Hori-