Full text: [Nachträge zur reinen Mathematik] (10. Bandes 1. Abteilung)

BEMERKUNGEN ZUR REIHENLEHRE. BRIEFWECHSEL. 
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gleichung nach Ulugh Bey in Zeittertien«, in der GaüSS die erwähnte Zeitgleichungstafel benutzt, 
findet sich im Nachlaß (Astr. d. 7, Kapsel 90)*). 
Jacobi sagt (a. a. O., Jacobis Werke VII, S. 17 5), es hätte vor Carlini (l817) kein anderer Mathe 
matiker oder Astronom die Aufgabe behandelt, den Koeffizienten des Sinus eines sehr großen Vielfachen 
der mittleren Anomalie in der Entwicklung der Mittelpunktsgleichung annähernd zu bestimmen, eine Auf 
gabe, die zu den schwierigsten ihrer Art gehöre. Natürlich konnte Jacobi nicht wissen, daß Gauss schon 
lange vor Carlini diese Aufgabe richtig gelöst hatte (während ja Carlinis Lösung fehlerhaft war) und 
so zu einem Ergebnis gelangt war, das mit dem übereinstimmt, das Jacobi selbst etwa 5 0 Jahre später auf 
dem von Carlini vorgezeichneten Wege von neuem abgeleitet hat. — 
In der Briefstelle [4.] spricht Gauss von seiner Geneigtheit, seine Methode in einer ihm »selbst ge 
nügenden Gestalt auszuführen«, und bemerkt, daß die Arbeit »einen größeren Umfang erhalten« würde; 
auch Sartorius y. Waltershausen berichtet**), daß Gauss nach seinem Doktorjubiläum (io. Juli 1849) 
»mit der Theorie der Konvergenz der Reihen« beschäftigt gewesen sei. Wir werden also die Entwürfe [V.] 
und ( [VI.] als Vorarbeiten zu der Abhandlung anzusehen haben, deren Plan Gauss in der Briefstelle [4.] 
erwähnt. Diese Entwürfe sind also nach dem 5. Februar 1850 entstanden***), und wir können nunmehr über 
das, was jene geplante Abhandlung enthalten sollte, die folgenden zusammenfassenden Angaben machen. Auf 
eine Theorie der komplexen Größen sollte die Entwicklung der Lehre von dem Zusammenhang der Flächen 
(Analysis situs) folgen, die bestimmt war, der Lehre von der Integration im komplexen Gebiete als Grund 
lage zu dienen. Wahrscheinlich würde sich Gauss aber auch hier — ähnlich wie in dem Briefe an Bessel 
vom 18. Dezember 1811 (siehe oben S. 365, besonders S. 367 Fußnote) — auf die Integrale einförmiger 
Funktionen beschränkt haben, wenngleich die von DeüEKIND berichtete Äußerung (oben S. 4 38, Fußnote) 
auch der gegenteiligen Möglichkeit Raum gibt. Eine Erörterung der Eigenschaften allgemeiner (auch kom 
plexer) Zahlenfolgen würde zu dem eigentlichen Gegenstände der Abhandlung übergeleitet haben, zur Be 
stimmung des infinitären Verhaltens der Koeffizienten einer allgemeinen trigonometrischen Reihe und der 
Untersuchung ihrer Konvergenz. Die Anwendung auf die Entwicklung der Mittelpunktsgleichung hätte 
den Abschluß gebildet f). 
Wie Gauss die allgemeinen trigonometrischen Reihen zu behandeln gedachte, dafür gibt der 
Nachlaß kaum einen Fingerzeig; daß bei der Mittelpunktsgleichung die imaginäre Substitution (siehe oben 
die Gleichungen (*) auf S. 439) 
(**) E = i log cotang —• -j- s 
*) In dem erwähnten Briefe an Olbers vom 27. Januar 1812, Werke VIII, S. 140, schreibt Gauss, 
daß die Papiere, worin er 179 9 die Methode der kleinsten Quadrate auf Ulugh-Beighs Zeitgleichungstafel 
angewandt hatte, verloren gegangen seien; allem Anschein nach hat Gauss sie 185o, zugleich mit den auf 
die Mittelpunktsgleichung bezüglichen Aufzeichnungen, wiedergefunden. 
**) Gauss zum Gedächtniss, 185 6, S. 69. 
***) Im art. 2. des Abschnitts [VI.], oben S. 408, wird auf die Jubiläumsschrift von 1849 Bezug ge 
nommen. 
f) Nach den Akten der Philosophischen Fakultät zu Göttingen (vol. 117, S. 84) hat Gauss im Jahre 
1833 drei Preis aufgab en vorgeschlagen, von denen die eine den Wortlaut hatte: »Enarrentur variae methodi 
problema Kepleri solvendi, imprimis per series infinitas revoceturque gradus convergentiae, quam hae offe- 
runt, ad mensuram accuratam«. Die Fakultät hat aber eine andere der vorgeschlagenen Aufgaben (nämlich, 
die Trägheitsmomente der regelmäßigen Körper zu bestimmen) gewählt und gestellt.
	        
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