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A. GALLE, ÜBER DIE GEODÄTISCHEN ARBEITEN YON GAUSS,
40. Relative Lotabweiclmng von Altona gegen Gröttingen. Gauss hatte nach
Vollendung seiner Ausgleichung die geodätische Breite von Altona von Göt
tingen übertragen und den erhaltenen Wert Schumacher mitgeteilt. Schumacher
stellte nun seine Polhöhenbeobachtungen am ÜEiCHENBACHschen Kreise in Al
tona und zum Vergleiche auch vereinzelte am Stutzschwanz und mit dem von
Lindenau geliehenen Meridiankreise erhaltene zusammen und fand dadurch,
dass die Polhöhe 5"2 kleiner als durch die Übertragung folgte; Gauss äussert
sich hierzu am 20. Dezember 182 3 (G.-Sch. Nr. 192); »Die Differenz Ihrer
mit dem Meridiankreise gefundenen Polhöhe ist sehr merkwürdig. Bestätigt
sie sich 1 ) demnächst nach oftmaligem Umlegen, wie ich nicht zweifle, so gibt
sie einen für mich entscheidenden Beweis des unregelmässigen Fortschreitens
der Richtung der Schwere, ohne dass wir dafür einen Grund in der sicht
baren Oberfläche der Erde nachweisen können. Anders aber, däucht mir
dürfen wir dies Phänomen nicht aussprechen, und ich kann Ihrem vorigen
Briefe * 1 2 ) nicht ganz beistimmen, wenn Sie sagen, dass man die Ursache nir
gends anders als in der von mir gebrauchten Abplattung suchen könne. Das
Ensemble aller Beobachtungen erfordert diese oder eine wenig davon ver
schiedene Abplattung gebieterisch, und wenn, wie die Erfahrung zeigt, überall
kreuzten Vierecken und Fünfecken genau harmonieren, und zwar ohne alle Willkür, ohne Auswahlen,
ohne Ausschliessen, alles nach der Strenge der Probahilitätsrechnung. Es sind zusammen 26 Dreiecke,
worin alle Winkel von mir selbst beobachtet sind. Die grösste Summe der Fehler ist 2?2 in einem Drei
ecke, wo bei einer Seite das Pointieren sehr schwierig war; die nächst grösste ist i"8. Keine der 7 6 vor
kommenden Richtungen ist bei der Ausgleichung um eine ganze Sekunde geändert; die grösste Änderung
beträgt ü"813 bei der oben erwähnten Seite von Nindorf nach Hamburg. Was ich nach meiner neuen
Probabilitätstheorie den mittleren Fehler nenne, bei den Richtungen, ist 0"48« (G.-B. Nr. 140. Werke IX,
S. 359), Vergleiche den Brief an Bohnenberger, Werke IX, S. 366. »Ich habe nunmehro die mühsame Aus
gleichung meiner sämtlichen Messungen von 1821—1823, so weit sie die Hauptdreiecke betrifft, vollendet,
so dass nun nicht nur die Summen der Winkel der einzelnen Dreiecke, sondern auch die Verhältnisse der
Seiten in den gekreuzten Vierecken und Fünfecken genau zu einander passen, und zwar nach den strengen
Prinzipien der Wahrscheinlichkeitsrechnung, sine ira et Studio, und ohne alle Willkürlichkeit« (G.-O. Nr. 4 8 4.
Werke IX, S. 319).
1) ln der Bestimmung des Breitenunterschiedes zwischen Göttingen und Altona (1828) ergab sich der
Unterschied 5"B2. Werke IX, S. 49.
2) Schumacher hatte geschrieben; »Ich habe Ihnen, mein vielverehrter Freund, ein Resultat mitzu
teilen, das Sie interessieren wird. Nemlich, dass meine bisherigen Beobachtungen mit dem Reichenbach-
schen Meridiankreise zeigen, dass das von Ihnen angewandte Aplatissement (ich glaube von Walbeck her
geleitet) nicht auf den Bogen zwischen Göttingen und Altona passt«. G.-Sch. Nr. 19 0.