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A. GALLE, ÜBER DIE GEODÄTISCHEN ARBEITEN VON GAUSS.
geordnetes betrachtete, auf die Vormittagsstunden und die Zeit um Mittag
herum verlegt. Im Jahre 1824 aber, wo die Richtungen vielfach ganz knapp
über den Erdboden hinstrichen, gab er die Verwendung der Vormittagsstunden
überhaupt auf und die Zenitdistanzen sind daher in diesem Jahre sämtlich in
den Nachmittagsstunden, meist zwischen 3 und 4 Uhr, mit fortschreitender
Jahreszeit früher gemessen, im Oktober wallte die Luft schon um 1 '/2 oder
2 Uhr nicht mehr merklich. Auch bestrebte er sich, bei jeder Linie die Mes
sung an beiden Endpunkten ungefähr bei gleicher Luftbeschaffenheit zu machen.
Die der früheren Rechnung entsprechende Rechnung für 1824 (unter Mit
nahme der beiden 1822/23 beobachteten Linien Falkenberg-Wilsede und Wil
sede-Hamburg) gab ihm im Mittel aus 22 Linien, die mit 20 maliger Repe
tition am 12 zölligen Kreise gegenseitig beobachtet waren, 0,14778 '). Die
Zahlenwerte der einzelnen Jahre haben bei einer späteren Zusammenstellung
eine stete Zunahme gezeigt und Gaüss hat die Ursache in der Beobachtungs
zeit erkannt'). Während die Refraktion am Mittag am kleinsten ist, nimmt
sie in den späteren Nachmittagsstunden mit ausserordentlicher Regelmässigkeit
zu, schrieb er im Jahre 1840 an Schumacher (G.-Sch. Nr. 1130).
44. Rückkehr nach Güttingen. Als Gauss Ende Oktober wieder in Göttingen
ein traf, erfuhr er erst, wie ernstlich die Erkrankung seiner Frau in den Sommer
monaten gewesen war. Und bald war wieder sein Haus der Schauplatz von
Unruhe und Sorge, als drei seiner Kinder von den Masern befallen wurden
und dann seine durch zweijährige Krankheit geschwächte Frau sich ansteckte
und eine Zeitlang in grösster Gefahr schwebte.
t) Hierbei waren 7 Linien ausgeschlossen, bei denen die Messung nicht vorschriftsmässig ausgeführt
war, insbesondere die nur einseitig bestimmten,
2) Die Ergebnisse waren (Werke IX, S. 444):
1821/22 0,1 2981
1823 0,1 2643 bis Wilsede-Niendorf
0,14120 bis Hamburg
1824 0,14778
1825 0,15826.
Ein Aufsatz von Gauss im Astronomischen Jahrbuch für 1826 und die Briefstellen, die sich auf
den Refraktionskoeffizienten beziehen, sind Werke IX, S. 434—4 44 abgedruckt. Daran schliesst sich
(S. 445—455) eine theoretische Abhandlung über die terrestrische Refraktion und die Ausgleichung der
Höhenmessungen.