Full text: Abhandlungen über Gauss wissenschaftliche Tätigkeit auf den Gebieten der Geodäsie, Physik und Astronomie (11. Bandes, 2. Abteilung)

BEENDIGUNG DER GRADMESSUNG. 
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Heliotropen hatte besetzen lassen; es sollte der Anschluss an die dänischen 
Dreiecke dadurch hergestellt werden. Gauss kam am 27. Mittags an und 
blieb bis zum 12. Juli. Die Messungen quälten ihn lange unbeschreiblich, 
Diskordanzen wie sonst nirgends machten ihn ganz irre (G.-Sch. Nr. 256). 
Endlich kam er einer wichtigen Fehlerquelle auf die Spur 1 ). Von Langwarden 
1) »Die hiesigen Messungen« (in Langwarden) »haben mir unbeschreibliche Qual gemacht. Diskor 
danzen so gross, wie ich sie nie und nirgends gehabt habe, Hessen mich wegen ihrer Quellen in Ungewiss 
heit und machten mich ganz irre, so dass ich keiner einzigen Messung mehr trauen konnte. Was hatte 
Schuld? Lateral-Refraktionen, das Instrument, Wind, der auf die Objektivhälfte öfter überwiegend wirkte, 
Seiten-Refraktionen« (Gauss hat übersehen, dass er sie eben genannt hatte) »genierte Körperstellung in 
dem sehr engen Turm, Reaktion des Körpergewichts, wenn während der Messung immer der Platz wechsel 
weise verändert werden muss pp.? Längst war ich überzeugt, dass das Instrument seiner Natur nach 
strikte alle Messungen zu klein zu geben eine Tendenz hat; allein immer hatten die Versuche gezeigt, dass 
der Unterschied zwischen direkter und Supplement-Messung kaum merklich war, höchstens ein paar Zehntel- 
Sekunden, und höchstens aus einer sehr grossen Anzahl Messungen ausgemittelt werden konnte. Hier 
zeigten sich nun Fälle, wo der Gyrus horizontis über 6" oder 7" betrug und immer zu klein war. Das 
Instrument ist dasselbe, was 1822—24 (nicht 1821) gebraucht ist, immer von mir selbst sorgfältig gereinigt 
und zusammengesetzt. Hatte es sich dieses Jahr so verschlechtert? Durchgreifende Versuche wurden durch 
ungünstiges Wetter, Windsturm und dergl. fast unmöglich gemacht, da dazu natürlich immer viele und 
gute Messungen erfordert werden. Bei den nicht zahlreichen Versuchen wollte aber immer weder ein be 
deutender Einfluss des Zukleinmessens, wenn es durch Supplementmessung geprüft wurde, noch von dem 
Körpergewicht sich ergeben; ich nahm das Instrument ganz auseinander, ohne irgend etwas Fehlerhaftes, 
Loses pp, zu finden, Hess abwechselnd meinen Sohn pointieren und mehr dergl., die Ungewissheit wurde 
nur immer grösser und dunkler. Endlich habe ich aber doch einige Hoffnung, einem Umstande auf der 
Spur zu sein, den ich zwar längst gekannt, aber seinen Einfluss nicht für so gross gehalten habe, wie er 
zu sein scheint. Ich fand nämlich, dass sämmtlrche hiesige Messungen, insofern sie nicht sonst unter ver 
dächtigen Umständen gemacht waren, z. B. [bei] starkem Wind, unruhiger Luft, die hier oft oder gewöhnlich 
sogar in den anderwärts fast immer besseren späten Nachmittagsstunden Statt hat, sich ganz gut unter 
einander vertrugen, wenn ich nur die Messungen auf das Bremerleher Heliotroplicht (die freilich gerade die 
zahlreichsten waren) ausschloss; allein diese, obwohl gewöhnlich unter sich in den einzelnen Reihen har 
monierend, passten nicht zu dem Ganzen und differierten auch zuweilen unter sich sehr stark, wenn ich 
allein oder mit meinem Sohne zusammen versuchsweise gemessen hatte. Dies führte auf die Vermutung, 
dass (wenn nicht sonst quid pro quo’s dort vorgefallen) das Pointieren auf das Heliotroplicht in der noch 
nicht 3 Meilen entfernten Laterne, die gewöhnlich deutlich miterscheint, fehlerhaft ist, indem das Auge 
das nicht reine Fadenintervall nicht unbefangen biseziert. Es wäre jetzt zu weitläufig, Ihnen zu schreiben, 
was mich noch in dieser Vermutung mehr bestärkte. Gestern habe ich nun das Bremerleher Licht auf 
andre Weise, nämlich immer auf einen Faden pointiert, und die sehr zahlreichen so gemachten Messungen 
stimmen nun unter sich und mit den übrigen, wo die Richtung nicht entriert, sehr gut, aber nicht mit den 
früheren. Der Unterschied scheint im Pointieren auf mehr als 2" bis 3" gehen zu können und zwar gerade 
in dem Sinn, wie ich es nicht erwartete, obgleich es auch so psychologisch sehr natürlich sein mag. Das 
Licht erscheint nicht im Zentrum der etwa 3 0" breiten Laterne; es sollte nach der dortigen Abmessung 
etwa l */," rechts erscheinen, aber das Ensemble aller Messungen zeigt, dass ich immer wohl 4' rechts
	        
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