Full text: Abhandlungen über Gauss wissenschaftliche Tätigkeit auf den Gebieten der Geodäsie, Physik und Astronomie (11. Bandes, 2. Abteilung)

UNTERSUCHUNGEN ÜBER GEGENSTÄNDE DER HÖHEREN GEODÄSIE. 
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auch die hannoversche Gradmessung auf dem vorläufigen Ergebnis der Braaker 
Basis beruht, kann sie nicht als vollwertiger Beitrag zur Bestimmung der Grösse 
der Erde betrachtet werden. Die Gestaltung der GAussschen Dreiecke ist 
ungünstig und verwickelt. Als Grundlage der Katastervermessung hat sie 
nicht verwendet werden können, noch weniger ihre Erweiterung, die Landes 
vermessung, deren Genauigkeit geiinger war. Ein Elauptgrund lag darin, dass 
bereits ein Menschenalter nach dem Tode von Gauss die trigonometrischen 
Punkte, von einigen Kirchtürmen und dergleichen abgesehen, in der Natur 
nicht mehr vorhanden waren. Die Landesaufnahme konnte daher beim han 
noverschen Dreiecksnetz von diesen Punkten auch keinen Gebrauch machen. 
Die grosse Sorgfalt bei den Messungen und die gewaltige Rechenarbeit, die 
nach Gauss ; eigener Schätzung mehr als eine Million von Zahlen bewältigte, 
sind also nicht in dem Umfange ausgenutzt worden, wie sie verdient hätten. 
Während so die Koordinaten der GAussschen Dreieckspunkte nur zur 
Topographie ausreichten, liegt die wesentliche Bedeutung der praktischen Tätig 
keit von Gauss in der Umgestaltung der Methoden, die durch die Erfindung 
des Heliotrops und das Verfahren der Winkelmessung hervorgei ufen ist. ln 
letzterer Beziehung hat Gauss, der die Winkel durch Repetition mass, keine 
Gewichtsgleichungen aufgestellt, sondern die hervorgehenden Richtungswerte 
als gleichgewichtig und von einander unabhängig in die Systemausgleichung 
eingeführt. Er hat auf jeder Station so lange gemessen, »bis jeder Winkel 
sein Recht bekommen hatte«. Als Ideal hat er die Methode der Winkelbeob 
achtung in allen Kombinationen betrachtet (Werke IX, S. 2 88, 289), die dann 
bei der preussischen Landesaufnahme (und bei dem Reichsamt für Landesauf 
nahme) ausgebildet und streng durchgeführt worden ist. 
Ausser durch diese Verbesserungen der Beobachtungsweise beginnt mit 
Gauss eine neue Zeit für die Berechnung der Dreiecksmessungen. Die Me 
thode der kleinsten Quadrate ist zwar auf vielen Gebieten angewandt worden, 
aber in der Geodäsie hat sie eine besondere Pfiegestätte gefunden. Gerade 
das verwickelte hannoversche Dreieckssystem hat ihrem Urheber zu ihrer viel 
seitigen Ausbildung Anlass gegeben. 
Im engen Zusammenhang mit der Gradmessung stehen theoretische Ar 
beiten von Gauss, die wiederum nicht nur der Geodäsie zugute kamen, sondern 
auch die Mathematik befruchteten. Die Lehre von den konformen Abbil-
	        
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