Full text: Abhandlungen über Gauss wissenschaftliche Tätigkeit auf den Gebieten der Geodäsie, Physik und Astronomie (11. Bandes, 2. Abteilung)

ZUR ERFINDUNG DES HELIOTROPS. 
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röhren angebracht (G.-B. Nr. 127). Mit dem REicHENBACHschen Kreise beob 
achtete er den Nordstern aus einem Wasserspiegel und konnte ihn auf diese 
Weise bei Tage in oberer Kulmination recht gut beobachten, ja selbst Sterne 
dritter Grösse am Tage sehen, wenn dies nicht die zitternde Bewegung des 
Wassers vereitelte (Werke Y, S. 432, G.-O. Nr. 386). Über den neuen Ge 
danken, das reflektierte Licht zum Erkennen der trigonometrischen Punkte zu 
verwenden, schreibt er an Olbers (G.-O. Nr. 396): »Erste Veranlassung gab 
dazu die Erinnerung an eine Erfahrung, die ich 1818 in Lüneburg machte, 
wo ich in der Entfernung von 6 Meilen das zufällig von einem [Sonnenstrahl 
getroffene] Fenster des obersten Kabinets im Michaelisturm in Hamburg als 
einen überaus glänzenden Lichtpunkt sah«. Bessel machte zu dieser originellen 
Idee die Bemerkung: »Wie oft hat jeder die Fenster meilenweit entfernter 
Häuser durch den Widerschein der Abendsonne bemerkt, ohne an die An 
wendung desselben Prinzips zu denken, wodurch Sie jetzt den geodätischen 
Vermessungen eine neue Vollkommenheit aneignen« (G.-B. Nr. 130). Aber 
Gauss hat (wie wir einem Heft von G. Stisser über die von Gauss im Sommer 
halbjahr 1848 gehaltene Vorlesung »Höhere Geodäsie« entnehmen, auf die sich 
auch die folgenden Bemerkungen gründen) auf diesen Gedanken selbst gar 
kein bedeutendes Gewicht gelegt, sondern nur auf die Ausführung des Instru 
mentes. Bevor er an die Konstruktion ging, berechnete er nach photometrischen 
Grundsätzen, wie sie besonders in dem Werke von Bouguer 1 ) behandelt sind, 
wie gross der Spiegel sein müsse, damit das Licht bei der grössten Entfernung, 
die bei seinen Messungen Vorkommen würde, und die er auf 15 Meilen schätzte, 
gut sichtbar, aber auch nicht zu blendend sei. Er fand, dass ein Spiegel etwa 
von der Grösse einer Visitenkarte 1 2 ) genügen würde, um das Sonnenbild mit der 
Helligkeit der Sterne erster Grösse bei Tage erscheinen zu lassen, wenn eine 
mittlere Absorption der Luft vorausgesetzt werde. Abgesehen von der Berück 
sichtigung dieser Absorption würde die Rechnung sehr einfach sein. Aber indem 
jene wirke, und zwar bei arithmetischem Fortschritt der Entfernung in geome- 
1) Bouguer, Essai d’optique sur la gradation de la lumière. Paris 17 2 9. 12°. Traité d’optique sur 
la gradation de la lumière, ouvrage posthume de M. Bouguer, publié par De la Caille, Paris 176 0. 4°. 
Bouguer gibt an, dass ein Spiegel von i Linie Dicke das Licht bei einem Einfallswinkel von 16° im 
Verhältnis von 1000 ; 628 schwächt, und dass eine Luftschicht von 200 Toisen den 100. Teil des Lichts 
absorbiert. 
2) Die zur Reflexion verwendeten Spiegel hatten eine Breite von 2 Zoll und eine Höhe von D/2 Zoll.
	        
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