A. GALLE, UBER DIE GEODÄTISCHEN ARBEITEN VON GAUSS.
1799 sein Verfahren anwandte und dabei zu »manchen ganz kuriosen Resul
taten« gelangte. Er hebt hervor, dass er dabei eine ihm eigentümliche, seit
Jahren gebrauchte Methode benutzt habe, Grössen, die zufällige Fehler invol
vieren, auf eine willkürfreie, konsequente Art zu kombinieren 1 ).
Die Methode der kleinsten Quadrate war zugleich für Gauss eine der
Brücken, die von der reinen zur angewandten Mathematik hinüberführten und
damit die vielseitige Entfaltung seines Geistes ermöglichten, der auch auf allen
praktischen Gebieten, denen er sich zuwandte, bahnbrechend wirkte. Gauss hat
in der Betätigung in beiden Richtungen sein höchstes Ideal erblickt und dies
Olbers gegenüber in die im Ausdruck sich beschränkenden, aber die Sache
treffenden Worte gekleidet, die wie eine vorahnend verfasste Überschrift über
seinem Leben und Wirken leuchten: »Der feinste Geometer und der vollendete
Astronom — das sind zwei Titel, die ich von ganzem Herzen einzeln hoch schätze,
und denen ich mit leidenschaftlicher Wärme huldige, wenn sie vereint sind« 1 2 ).
I. Abschnitt. Die Methode der kleinsten Quadrate.
1. Entstelmngszeit. Gauss hat nach seinem eigenen Zeugnis auf das von
ihm gebrauchte Verfahren, für das er später nach Legendres Vorgang den
Namen »Methode der kleinsten Quadrate« einführte, niemals grossen Wert
gelegt, und zwar insofern nicht, als ihm vom ersten Anfang an der Gedanke
so natürlich, so äusserst naheliegend schien, dass er nicht im geringsten zweifelte,
viele Personen, die mit Zahlenrechnungen zu verkehren gehabt, z. B. Euler,
Lambert, Hallet, müssten von selbst auf einen solchen Kunstgriff gekommen
sein und ihn gebraucht haben, ohne deswegen es der Mühe wert zu halten,
viel Aufhebens von einer so natürlichen Sache zu machen. Namentlich hat
er sich oft geäussert, er wolle die allergrösste Wette eingehen, dass Tobias
Mayer bei seinen Rechnungen dieselbe Methode schon angewandt habe.
Später musste er sich allerdings aus Papieren von Mayer, die er in die
Hände bekam, überzeugen, dass er jene Wette verloren haben würde 3 ).
1) G.-Sch. Nr. 4io. Werke VIII, S. 138, vergl. G.-O. Nr. 255, Werke VIII, S. 140.
2) G.-O. Nr. l.
3) G.-Sch. Nr. 7 01, Werke VIII, S. 141.
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