Full text: Abhandlungen über Gauss wissenschaftliche Tätigkeit auf den Gebieten der Geodäsie, Physik und Astronomie (11. Bandes, 2. Abteilung)

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A. GALLE, ÜBER DIE GEODÄTISCHEN ARBEITEN VON GAUSS. 
geschrieben 1 ). Als dann im Jahre 1770 in Paris eine (von dem Jesuiten P. 
HugoN verfasste) französische Übersetzung seines Berichtes über die Grad 
messung im Kirchenstaate; »De litteraria expeditione per pontificiam ditionem 
1755«. unter dem Titel: »Voyage astronomique et géographique dans ïétat de 
l’église« erschien, wurde seine Methode dort (S. 501 — 512) aufgenommen. Ausser 
dem an der erstgenannten Stelle fünf ausgewählte Gradmessungsbogen behandeln 
den Beispiele enthält die französische Ausgabe eine Anwendung auf neun Bogen, 
und in demselben Jahre veröffentlichte Boscovich eine Kometenbahnbestim 
mung, bei der das Verfahren zur Ableitung der Bahnelemente diente 1 2 ). Es 
liegt aber kein Anhalt zu der Annahme vor, dass Gauss die Arbeiten von 
Boscovich gekannt hat. Später ist dieses Ausgleichungsverfahren als letztes 
und bevorzugtes von drei verschiedenen in die Mécanique céleste (tome II, livre 
III, 1799) von Laplace aufgenommen und daselbst verwendet worden. 
Gauss hat später unter Bezugnahme auf die Tagebuchnotiz nochmals 
Olbers gegenüber erwähnt 3 4 ), dass er im Juni 1798 die Unverträglichkeit von 
Laplaces Methode mit den Grundsätzen der Wahrscheinlichkeitsrechnung dar 
getan habe. Zugleich wird man diesen Zeitpunkt als denjenigen annehmen 
dürfen, in dem Gauss auf die Begründung seiner Methode durch die Wahr 
scheinlichkeitsrechnung mit der Annahme des arithmetischen Mittels als Axiom 
kam / ‘). 
Hierzu äussert sich auch Gauss in einem Briefe an Laplace vom 30. Januar 
1812: »Ich habe von der Methode der kleinsten Quadrate seit dem Jahre 1795 
Gebrauch gemacht, und ich finde in meinen Papieren, dass der Monat Juni 
1 798 der Zeitpunkt ist, wo ich sie den Prinzipien der Wahrscheinlichkeits 
rechnung angepasst habe. Eine Bemerkung darüber findet sich in einem Tage 
buche, welches ich über meine mathematischen Beschäftigungen seit dem Jahre 
1796 geführt und das ich in diesen Tagen Herrn v. Lindenau gezeigt habe. In 
dessen datieren meine häufigen Anwendungen dieser Methode erst vom Jahre 
1) Bd. II, S. 420—425, Rom 1760, 
2) Monatliche Correspondenz zur Beförderung der Erd- und Himmelskunde herausgegeben von Fr. 
von Zach II, S. 306, isoo. 
3) G.-O. Nr. 255, Werke VIII, S. 140. 
4) Dies stimmt mit der Angabe eines Yorlesungsheftes überein, in dem (allerdings wohl irrtümlich) 
der 17. Juni 1797 (statt 17 98) als Entstehungstag dieser Begründung bezeichnet ist.
	        
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