DIE ANFÄNGE GEODÄTISCHER TÄTIGKEIT SEIT 1796.
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5, Ausbreitung. In erster Linie, namentlich in bezug auf die Mannig
faltigkeit der Anwendungen, hat die Methode der kleinsten Quadrate in der
Geodäsie Eingang gefunden. Dies ist ihr zunächst nicht durch die Original-
arheiten von Gauss gelungen, sondern es bedurfte erst der Einführung durch
seine Schüler, um das neue Gebiet grösseren Kreisen zugänglich zu machen.
Johann Franz Enckes Abhandlungen über die Methode der kleinsten Quadrate
in den Berliner Astronomischen Jahrbüchern von 1834, 1835, 1 836, die Grund
züge der Wahrscheinlichkeitsrechnung von Gotthilf Hagen (1837), sowie Christian
Ludwig Gerlings Ausgleichungsrechnungen der praktischen Geometrie (1843) haben
ihr zur allgemeinen Anwendung verhelfen, und für die Geodäsie im Besondern
ist später das Handhuch der Vermessungskunde von Wilhelm Jordan von för
derndem Einfluss geworden 1 ).
II. Abschnitt, Die Anfänge geodätischer Tätigkeit seit 1796.
6. Eine Aufgabe der praktischen Geometrie. In die Jahre zwischen 1796 und
1801 fällt nach einer Bemerkung von Gauss gegenüber Gerling 1 2 ) seine Be
schäftigung mit einer ganz eigenartigen Frage. Es handelt sich zwar um
die sogenannte PoTHENorsche Aufgabe der praktischen Geometrie: die Lage
eines Punktes aus den an demselben gemessenen Winkeln zwischen drei andern
Punkten von genau bekannter Lage zu finden, die auf jugendliche Mathema
tiker einen besondern Beiz auszuüben pflegt, nicht zum wenigsten durch den
Grenzfall des »gefährlichen Kreises«, der die Berechnung unmöglich macht;
1) Die Geschichte der neuen Wissenschaft gehört nicht in den Rahmen des Lebensbildes von Gauss;
Hansen, Andrae, Schreiber, Thiele, Helmert, Krüger haben auf GAussscher Grundlage weiter gebaut.
— Eine deutsche Ausgabe der »Abhandlungen zur Methode der kleinsten Quadrate« von Carl Friedrich
Gauss (Berlin 188 7) ist von Börsch und Simon besorgt worden, die ausser den erwähnten Abhandlungen
und ihren Anzeigen den Aufsatz in den Astronomischen Nachrichten (Bd. V, S. 22 7): Chronometrische
Längenbestimmungen (i82ß) und die Bestimmung des Breitenunterschiedes zwischen den Sternwarten von
Göttingen und Altona durch Beobachtungen am RAMSDENschen Zenitsektor (1828, Werke IX, S. 1) enthält.
Früher ist bereits eine französische Übersetzung erschienen: Gauss, Méthode des moindres carrés; Mémoires
sur la combinaison des observations; traduits par J. Bertrand. Paris 1855.
2) Brief vom 22. November 1841.