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A. GALLE, ÜBER DIE GEODÄTISCHEN ARBEITEN YON GAUSS.
fügt er einiges über die Berechnung hinzu, worüber die in Werke, Bd. Xi,
S. 539 ff. abgedruckte Stelle dieses Briefes Aufschluss gibt. Die dort erwähnten
Formeln hat Gauss offenbar selbständig abgeleitet und dabei nicht mehr im
Gedächtnis gehabt, was er in Büchern gefunden hatte. Bei dem fehlerlos
ausgeführten Bechenbeispiel bemerkt er noch, dass er sich bei den eigenen
Bechnungen mancher Kunstgriffe bediene 1 ).
Lecoq zollte Gauss öffentlich seinen Dank (Monatliche Correspondenz,
Band 8, Seite 139) mit dem Zeugnis: »Im astronomischen Teil ist mir der
Doktor Gauss von grossem Nutzen gewesen; seine Ausrechnungen und Briefe
haben zu meinem Unterricht viel beigetragen«. In der Tat hatte sich Gauss
als der Lehrer erwiesen, der die Aufgaben von der theoretischen Seite voll
kommen beherrschte, wenn er auch noch nicht die praktische Erfahrung be-
sass, um die Unsicherheit der Beobachtungen zu beurteilen, auf die er sieben
stellige logarithmische Bechnungen anwandte und weitgehende Schlüsse baute.
Wie Lecoq hatte auch Ober-Appellationsrat v. Ende in Celle“) den Vor
satz gefasst, das Land astronomisch zu bereisen, da in dem ganzen Kurfürsten
tum Hannover nur 5 Punkte (Göttingen, Hannover, Stade, Lilienthal und Celle)
astronomisch bestimmt seien. Er beabsichtigte insbesondere in Braunschweig
und Wolfenbüttel zu beobachten, da er von Lecoqs Bestimmung der Polhöhe
von Braunschweig noch keine Kenntnis hatte. Hier ist Gauss, wie wir sehen
werden, mit v. Ende in Berührung gekommen.
9. Erste Beobachtungen und praktische Betätigungen. Über die Anfänge der
praktischen Tätigkeit von Gauss sind wir wenig unterrichtet. Aus einer
Bemerkung gegenüber Olbers (G.-O. Nr. 46) vom November 1802 geht her
vor, dass er während seiner Studienzeit in Göttingen gar keine Anweisung
zum Beobachten erhalten hat, obgleich ihn der nach Tobias Mayers Tode
mit der Wahrnehmung der Sternwarte beauftragte Professor Seyffer 3 ) ein
mal seinen Schüler genannt hatte. Seine eigenen Übungen hatten sich bis
dahin auf einige Beobachtungen am Mauerquadranten und Spiegelsextanten
1) Vgl. Galle, Gauss als Zahlenrechner, Nachrichten der Königl. Gesellschaft der Wissenschaften
zu Göttingen, Mathematisch-physikalische Klasse, 19 17, S. 5/6.
2) Gest. 1816 in Köln. Er hatte in Celle eine kleine Sternwarte eingerichtet.
3) Seyffer wurde 1804 von Göttingen nach München berufen und übernahm 1815 nach Aufhebung
der alten Münchener Sternwarte die Direktion des k. topographischen Bureaus. S. a.; Briefwechsel zwischen
C. F. Gauss und W. Bolyai, Leipzig 1899, S. 178.