Full text: Abhandlungen über Gauss wissenschaftliche Tätigkeit auf den Gebieten der Geodäsie, Physik und Astronomie (11. Bandes, 2. Abteilung)

BERECHNUNG ACHROMATISCHER DOPPELOBJEKTIVE. 
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anderen Glassorten berechnet worden — anscheinend mit recht verschiedenem 
Erfolge. Nach einem Berichte Steinheils sei es zum ersten Male in England, 
aber mit sehr schlechtem Ergebnis, ausgeführt worden. Steinheil selbst hat 
dann im Jahre 1860 ein Objektiv nach Gauss angefertigt und gibt darüber 
folgenden Bericht 1 ): »Gauss hatte durch seine Rechnung gezeigt, dass es mög 
lich ist, ein Objektiv zu konstruieren, welches Strahlen von zweierlei Brech 
barkeit und zwar solche, welche der Achse unendlich nahe und solche, welche 
am Rande des Objektivs einfallen, in aller Strenge in einem Punkte vereinigt. 
Alle anders konstruierten Doppelobjektive leisten dieses nicht, sondern sie ver 
einigen nur die mittleren Strahlen und dann noch einen Strahl von anderer 
Brechbarkeit, z. B. den des Randes oder den der Achse, und es entsteht daher 
in unseren gegenwärtigen Objektiven eine Farbenabweichung, die um so fühl 
barer wird, je grösser die Öffnung des Objektivs im Verhältnis zur Brenn 
weite, und je grösser die Dimensionen überhaupt sind. 
»Es war daher von hohem Belang, eine Konstruktion zu geben, welche 
diesen Übelstand beseitigt, und das war erreicht durch die Arbeit von Gauss. 
.Ulein es hatten sich mehrfache Skrupel gegen diese erhoben. Einmal waren 
die Krümmungshalbmesser viel kürzer als bei Fraunhofer, ja kleiner als T * ¥ 
Brennweite, während bei Fraunhofer der kürzeste Halbmesser nahe Brenn 
weite misst. Man fürchtete also, durch so sehr gekrümmte Gläser andere 
ausser der Rechnung liegende und doch wesentliche Bedingungen, z. B. Ge 
sichtsfeld etc. nicht erfüllt zu sehen. Auf die grösste Bedenklichkeit hatte 
aber Gauss selbst aufmerksam gemacht. Diese besteht darin, dass für die 
mittleren Strahlen zwischen Mittelpunkt und Rand des Objektivs wieder eine 
Abweichung hervortritt, die in |- ihr Maximum erreicht, so dass also wohl die 
Strahlen von Rand und Achse, aber nicht alle dazwischen liegenden vereinigt 
waren. Diesem Umstande wurde es zugeschrieben, dass der Effekt des Gauss- 
schen Objektivs nicht besser ausgefallen ist, und so blieb diese schöne Arbeit 
des grossen Meisters an 40 Jahre ohne Erfolg. 
»Ein näheres Eingehen in die Sache zeigt jedoch leicht, dass die GaussscIic 
Rechnung direkt gar nicht ausführbar war, weil Gauss für die Grenzen des 
Spektrums gerechnet hatte, also gerade die Hauptmasse der Strahlen unbe- i) 
i) Abgedruckt bei Wilhelm Weber, Über das von Gauss berechnete und von Steinheil ausgeführte 
Fernrohr objektiv, Webers Werke I, S. 56 3 ff.; vergl. auch den Werke XII, S. 151 ff. abgedruckten Brief 
Steinheils aus den Astron. Nachr., Bd. 53, 1860, S. 305,
	        
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