164 CLEMENS SCHAEFER, ÜBER GAUSS’ PHYSIKALISCHE ARBEITEN.
rücksichtigt Hess. Es war dies durchaus kein Versehen von Gauss; im Gegen
teil lag es nur in seiner Absicht zu zeigen, dass sich Strahlen von zweierlei
Brechbarkeit vereinigen lassen, und er wählte die Grenzwerte, weil er wusste,
dass, wenn sich diese vereinigen lassen, dies auch für die Zwischenwerte gilt.
Es war nur ein Versehen, dass man glaubte, diese Rechnung direkt realisieren
zu können.
»Was nun die Abweichung der Strahlen in der Öffnung anbetrifft, so
wusste ich aus den Rechnungen meines Sohnes Dr. Adolph Steinheil über
Mikroskopobjektive, dass sich solche Abweichungen durch die Dicken der
Linsen oder durch kleine in der Ordnung der Dicken liegende Abstände heben
lassen, und veranlasste ihn daher, das Objektiv, was ich heute die Ehre habe
der Klasse vorzuzeigen, zu berechnen.
»Die Ausführung selbst bietet keine Schwierigkeit, wenn man im Besitze
der Hilfsmittel ist, die gestatten, einen Halbmesser auf fünf Zifferstellen genau
herzustellen und Abweichungen der siebenten Zifferstelle in der Sphäre zu
erkennen. Allein es zeigte sich, dass die jetzt übliche Art, die Objektive zu
fassen, nicht ausreichend ist, um einen bestmöglichen Effekt zu erlangen.
»Ich habe daher dem Objektive eine neue Art Montierung gegeben, welche
gestattet, jede Linse oder beide zusammen gegen die optische Achse zu neigen,
die Mittelpunkte der Linsen gegen einander zu verstellen und endlich den
Abstand der Linsen zu verändern. Man erlangt damit durch Versuche den
bestmöglichen Effekt, der sich bei den gegebenen Flächen des Objektivs er
zielen lässt.
»Der erste Blick durch das Fernrohr wird jedem Kenner sagen, dass
es von ungewöhnlicher Schärfe und Farblosigkeit ist. Auf hellbeleuchtete
Objekte erträgt das Objektiv von 36'" Öffnung und 46" Brennweite eine
300 — 360 malige Vergrösserung ganz gut.
»Dennoch glaube ich durchaus nicht, dass bei diesem ersten Versuch die
möglichst grosse Vollkommenheit erreicht ist. Im Gegenteil müsste der Effekt
noch besser sein, wenn die Farben so gelegt wären, dass die Brennweite 2
bis 3 Linien länger würde, wenn die eine Linse ungeändert bliebe. Ich
glaubte es aber schon so, wie es ist, vorlegen zu dürfen, weil es in der
Leistung die besten mir zugänglichen Instrumente dieser Dimensionen über
trifft, und weil wir schon hieraus ersehen, dass auch diese Idee von Gauss,