Full text: Abhandlungen über Gauss wissenschaftliche Tätigkeit auf den Gebieten der Geodäsie, Physik und Astronomie (11. Bandes, 2. Abteilung)

BERECHNUNG ACHROMATISCHER DOPPELOBJEKTIVE. 
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die an 40 Jahre verkannt und unberücksichtigt blieb, ihre Früchte tragen 
wird. 
»Zum Schluss füge ich nur bei, dass ich jetzt die Grenze untersuche, bis 
zu welcher die Öffnung des GAUssschen Objektivs im Verhältnis zur Brenn 
weite vergrössert werden kann. Es unterliegt keinem Zweifel, dass wir auch 
darin weiter kommen, als bei dem FRAUNHOFERschen Objektive, weil die Farben 
erster Ordnung über das ganze Objektiv vernichtet sind. Es ist jetzt ein 
Objektiv in Arbeit, welches 54"' Öffnung bei 48" Brennweite bekommt. Ist 
auch für diese Öffnung das Bild genügend und das Gesichtsfeld noch gut wie 
jetzt, dann ist der Hoffnung Kaum gegeben, bessere grosse Refraktoren her 
zustellen, als dies bis jetzt möglich war.« 
Später sind noch mehrere Male — mit kleinen Varianten natürlich — 
GAUSssche Objektive berechnet worden; eine Zusammenstellung der wichtigsten 
bis zum Jahre 1888 findet sich in einem Aufsatze von Krüss 1 ), der zu dem 
Ergebnis kommt, dass die GAUsssche Bedingung kein Fortschritt gegenüber 
Fraunhofer sei, ein Urteil, das schon deshalb zu scharf ist, weil es viel zu 
allgemein formuliert ist. Im Gegensatz dazu hat Lummer 1 2 ) ein GAUss-Objektiv 
für die Fernrohre eines Spektrometers berechnet — mit dem denkbar günstigsten 
Erfolge: Obwohl die Farbenkorrektion ja nur für 2 Wellenlängen ausgeführt 
wurde, zeigte sie sich doch für das ganze Spektrum als vollkommen, so- 
dass Lummer für Präzisions-Spektrometer, die für das ganze Spektrum scharf 
abbildende Fernrohre haben müssen, GAUsssche Objektive als die besten be 
trachtet. 
Übrigens hat man mit bestem Erfolge die GAUsssche Bedingung später 3 ) 
bei Mikroskop-Objektiven verwendet. - 
Die ganze Art der Betrachtung der älteren Optik ist vom heutigen Stand 
punkt aus korrekturbedürftig, da es für die Wellenlehre eine punktförmige 
Abbildung ja überhaupt nicht gibt. Deshalb haben alle älteren Betrachtungen 
Modifikationen in diesem Sinne über sich ergehen lassen müssen. Diesen 
Mangel kann man aber den älteren Arbeiten natürlich nicht zum Vorwurf 
1) H. Krüss, Die Farbenkorrektion der Fernrohr - Objektive von Gauss und von Fraunhofer, Zeit 
schrift für Instrumentenkunde, Bd. 8, S. 7 if., 1888. 
2) In MÜLLER-PouiLLETS Lehrbuch der Physik, 9. Aufl., Bd. II, S. 569 if.; dort findet sich die ganze 
Durchrechnung des Objektivs. 
3) Yergl. dazu Ernst Abbe, Ges. Abhandl., Bd. I, S. 450 ff,, insb. S. 453.
	        
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