PRAKTISCHE UND SPHÄRISCHE ASTRONOMIE. 3. PERIODE, GÖTTINGEN 1813 —1816. 69
Dass Ihre Hoffnung wegen des Gegengewichts getäuscht ist, ist zu bedauern,
da die Sache dadurch noch verwickelter wird. Sollte Bohnenberger Hecht
haben, wie es gerade nicht unwahrscheinlich sein würde, wenn wirklich eine
kleine Beweglichkeit der Achse stattfände, so müsste sich dieses, falls ich übrigens
seine Äusserung recht verstanden habe, sehr leicht ausmachen lassen, wenn
man die Nonien vor jeder Beobachtung abläse oder — doch Sie besitzen
selbst einen Kreis und ich keinen!
»Wir gewinnen offenbar, wenn wir die Instrumente in gewissen Beziehungen
immer schärfer prüfen; wir werden dadurch von den möglichen Fehlerquellen
immer mehrere ausschliessen. Aus diesem Grunde habe ich die Verwendung
einiger Wochen nicht gescheut, um die Teilungen meines Kreises aufs Neue
zu untersuchen.«
Die Anspielung auf Bohnenberger in diesem Briefe bezieht sich auf
dessen Vermutung, dass eine durch die Schwere Wirkung verursachte Exzentri
zität der Repetitionskreise den Unterschied hervorbringen könnte 1 ). Hierdurch
schienen sich in der Tat die Differenzen zu erklären, wenigstens wurde dadurch zu
nächst eine Fehlerquelle festgestellt, die als deren Ursache gelten mochte. Nach
weiteren sorgfältigen Untersuchungen schreibt Gauss anBESSEL am 25. März 1818:
»Für die Beobachtungen der letzten Wintersonnenwende habe ich die Klemme
am Kreise an der Objektivseite anbringen lassen 3 ); die Beobachtungen sind zwar
nicht zahlreich, scheinen aber doch anzuzeigen, dass der von Bohnenberger rele-
vierte Umstand nicht ohne Grund ist. Ich gebe Ihnen meine Beobachtungen zu
eigener Reduktion nach beliebigen Elementen und füge nur das Resultat bei,
welches ich selbst nach Carlinis Refraktions- und Sonnentafeln erhalten habe«
. . . . folgen die Beobachtungen »Nach Carlinis Schiefe der Ekliptik
und unter Voraussetzung, dass die Zenithdistanzen bei der alten Lage der
Klemme der Korrektion Q sin z, bei der neuen — Q sin z bedürfen, stehen
meine Resultate so:
Polhöhe Nordstern (nach Ihren Tafeln) 51° 31' 49('30 — 0,644 Q
Sommersolstitium von 1817 45,21 -f- 0,472 Q -f- de
Wintersolstitium von 1817 48,26 — 0,966 Q — de. 1 2
1) Bohnenberger, Zusatz zu dem Schreiben des Herrn Hof rat Gauss, Zeitschrift für Astronomie,
Bd. 4, Juli-August 1817, S. 141. — Vergl. auch Auszug aus einem Schreiben des Hrn. Prof. Bessel, eben
dort Bd. 5 (1818), S. 26 7 (Bessels Werke II, S. 8).
2) Zur Prüfung von Bohnenbergers Hypothese. — Brdl.