PRAKTISCHE UND SPHÄRISCHE ASTRONOMIE. 4. PERIODE, GÖTTINGEN 1817 —1818. 85
l) Abgedruckt Werke XI, 1, S. 302 und 306.
brauchte, um ihn in Stand zu setzen. Gaüss schreibt an Bessel am 23. De
zember 1816: ¿Leider ist der Zeitpunkt einer angemessenen praktischen Tätig
keit noch aufs neue weiter hinaus gerückt. In der Hoffnung, nun wenigstens
in diesem Herbst den EEPSoLDschen Kreis zu erhalten, hatte ich mich dazu
bequemt, die neue Wohnung zu beziehen, trotzdem dass sie zum Teil noch
unvollendet war, und trotz der tausendfachen Unbequemlichkeiten, die das
Bewohnen eines solchen Hauses im Winter, abgeschnitten von der Stadt, mit
einer starken Familie hat. Allein vor kurzem erklärte endlich Repsold, dass
es nun wenigstens noch vier Monate bis zur Vollendung des Instruments
dauern würde. So habe ich also jenes Opfer umsonst gebracht. Die Stern
warte selbst ist auch erst halb vollendet, doch könnten in zwei Zimmern Be
obachtungen gemacht werden. Die meisten Instrumente sind von der alten
Sternwarte herausgeschafft, und ich denke wenigstens noch eine Anzahl Be
obachtungen mit dem Repetitionskreise zu machen. Gestern und heute habe
ich damit die Sonne beobachtet; allein die Beobachtungen werden kaum zu
gebrauchen sein, weil sie alle ziemlich entfernt auf einer Seite des Mittags
liegen, und es an einer guten Zeitbestimmung fehlte. Welch eine Sklaverei,
zur Zeitbestimmung immer nur einzelne Sonnenhöhen berechnen zu müssen!
Sie werden es mir nicht verargen, dass ich unter solchen Umständen mich
lieber mit andern Dingen beschäftige.«
Die Hoffnung, einen TaouGHTONSchen Kreis vom König von England zu
erhalten, erfüllte sich ebensowenig; auch hat sich keine Notiz darüber auf-
finden lassen, dass überhaupt ein dahingehender Versuch gemacht worden sei.
Gauss beabsichtigte vielmehr, einen zweiten Meridiankreis bei Reichenbach
zu bestellen und fasste hierzu den Plan seiner Reise nach München in den
Osterferien 1816. Einen hierauf bezüglichen Antrag stellte er an das Kuratorium
am 24. März dieses Jahres 1 ), dem auch stattgegeben wurde. Gauss trat seine
Reise am 18. April an und war im ganzen 5 Wochen von Göttingen ab
wesend, wovon 12 Tage auf den Aufenthalt in München und Benediktbeuren,
wo die optischen Arbeiten unter Fraunhofers Leitung ausgeführt wurden,
entfielen.
Einen ausführlichen Bericht über seine Reise erstattete er im Juni 1816
an das Kuratorium 1 ); er beantragt, den Meridiankreis und das Passageninstru-