96 MARTIN BRENDEL, ÜBER DIE ASTRONOMISCHEN ARBEITEN VON GAUSS.
man ans beiden Kulminationen des Polarsterns feststellte 1 ). Pond benutzte
dabei weder ein Niveau noch konnte er seinen Kreis umlegen. Man ver
gleiche auch die auf den folgenden Seiten abgedruckten Briefe an Gerling
und Bessel, wonach Gauss von dieser Methode abging, weil man sich nicht
auf die Unveränderlichkeit des Kreises während der drei Beobachtungen ver
lassen konnte.
Ähnlich berichtet Gauss in dem Briefe an Gerling vom 25. August 1818:
Ȇber den REPsoLDschen Kreis habe ich vor einigen Wochen einen kleinen
Aufsatz in die hiesigen Göttinger Gelehrten Anzeigen gegeben, den Sie vermutlich
gelesen und daraus die Vortrefflichkeit dieses Instruments mit mehrerm ersehen
haben werden. Die Mikroskope sind nicht unmittelbar an dem Stein, sondern an
den (schiebbaren Teilen der) Lager befestigt, durch Arme, die sich auf zwei
konischen Spitzen drehen, so dass die Mikroskope eine kleine Bewegung senkrecht
auf die Fläche des Instruments haben. Dies ist deswegen nötig, weil der Kreis
keine absolut vollkommene Ebene ist, und mit Hilfe eines Röllchens an den
Mikroskopen, welches auf der Kreisfläche läuft, behalten jene immer genau
gleichen Abstand von dieser. Die Mikroskope werden nicht nach der Libelle
eingestellt, sondern bleiben, wo sie einmal sind; täglich mehreremal, oder
vielmehr nahe bei jeder wichtigen Beobachtung, wird aber nivelliert und da
bei die Mikroskope ab gelesen (jedes zweimal, weil allemal die Libelle auch
umgehängt wird). Meine Erfahrung hat mich von der Notwendigkeit dieses
Verfahrens überzeugt; anfangs hatte ich seltener nivelliert und mehr auf die
PoNDsche Art observiert, indem ich die Sterne auf die nächste Nordstern-
Kulmination bezog; allein in 12 Stunden ändern sich die Mikroskope oft um
3 bis 4 Sekunden, und zwar immer gemeinschaftlich, welches auf ein Wanken
des Steins, als Drehung um eine horizontale Achse von Ost nach West, zu
deuten scheint. Ich halte es für einen Fehler des PoNoschen Kreises, dass
ihm ein solches Versicherungsmittel, wie meine herrliche Libelle ist, fehlt.
»Ein definitives Resultat für die Polhöhe werde ich erst nach Jahr und
Tag geben können, wenn mehrere Zirkumpolarsterne in beiden Kulminationen
oft genug beobachtet sind. Vermutlich liegt siezwischen 51° 31'49" und 50".
Ich teile Ihnen einige bis jetzt reduzierte Zenitdistanzen auf den Anfang von
l) Vergl. Pond (l8ll —1835 Direktor der Sternwarte Greenwich), Philosophical Transactions 1806.