Zweiter Abschnitt.
Theoretische Astronomie 1 ).
Einleitendes.
Gauss’ Bestreben, »seinen Untersuchungen die Form vollendeter Kunst
werke zu geben« und »nie eine Arbeit zu veröffentlichen, bevor diese eine
durchaus vollendete Form erhalten hatte« 2 ) ist auch die Ursache, dass er von
den zahlreichen von ihm geplanten, grundlegenden und den Gegenstand er
schöpfenden astronomischen Werken nur eines, die Theoria motus corporum
coelestium in sectionibus conicis solem ambientium, Hamburg 1809, seinen Zeitge
nossen geschenkt hat. In ihm behandelt er, soweit es die Bestimmung einer
Bahn aus den Beobachtungen betrifft, ausschliesslich die elliptische und die
hyperbolische Bewegung. Vielleicht mag er mit Rücksicht darauf, dass Olbers 3 (
die Aufgabe der parabolischen Bahnbestimmung mit Erfolg gelöst hatte, die
weitere Durchführung seiner Untersuchungen über diesen Gegenstand einst
weilen zurückgestellt haben. Jedenfalls hat er hierüber nur die Abhandlung
Observationes cometae secundi A. 1813 in observatorio Gottingensi factae, adiectis
nonnullis adnotationibus circa calculum orbitarum parabolicarum, Göttingen 1813 4 )
veröffentlicht, in der er sich ausdrücklich auf das ÖLBERSsche Werk bezieht.
Und doch beabsichtigte er, auch hier ein grosses grundlegendes Werk zu
schaffen, wie unter anderem aus der von Lindenau im November 1815 ver
fassten Einleitung zu der »Zeitschrift für Astronomie, herausgegeben von Lin-
1) Durchgesehener Abdruck aus Heft VII der Materialien für eine wissenschaftliche Biographie von
Gatiss, 1918.
2) Sartorius v. Waltershausen, Gauss zum Gedächtnis, Leipzig 185 6, S. 82.
3) Lber die leichteste und bequemste Methode, die Bahn eines Kometen zu berechnen, Weimar 1797
(Wilhelm Olbers, Sein Leben und seine Werke, Band I, herausgegeben von C. Schilling, Berlin 1894).
4) Werke VI, S. 2 5.
XI2 Abh. 3.
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