THEORETISCHE ASTRONOMIE. THEORIE DES MONDES.
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Vielleicht ist hierin der Anlass zu suchen, dass Gauss die Bearbeitung
der Mondtheorie in Angriff nahm. Er leitete als Fundamentalgleichungen die
Differentialgleichungen des reziproken kurtierten Radiusvektors, der mittleren
Länge (oder der Zeit) und der Tangente der Breite ab und benutzte die wahre
Länge als unabhängige Veränderliche. Seine Fundamentalgleichungen sind
also ähnlich denen von Clairaut 1 ), d’AbEMBERT 2 ) und den später von Laplace'*),
Plana 4 ) u. a. aufgestellten, nicht aber den EuLERschen 0 ).
Die Integration wird durch Annäherungen ausgeführt, bei denen die Ent
wicklungen nach Potenzen der Exzentrizität und der Tangente der Neigung
fortschreiten. Die Integrationsdivisoren entwickelt Gauss nach Potenzen des
Verhältnisses der mittleren Bewegungen von Mond und Erde. Die Form, die
die Resultate dadurch erhalten, stimmt also im wesentlichen mit denen der
späteren PbANAschen Theorie 4 ) überein. Das Ergebnis der ersten Annäherung
vergleicht Gauss mit den Werten von Tobias Mayer. Indessen hat er die ganze
Arbeit bald wieder aufgegeben und nur die Berechnung der Breitenstörungen
durchgeführt; sie ist offenbar plötzlich abgebrochen worden, wofür sich die Er
klärung aus der Einleitung zur Theoria motus und aus einem Briefe an Schu
macher vom 23. Januar 1 842 ergibt, in dem es heisst: »Eben im Sommer 1801
hatte ich mir vorgesetzt, ähnliche Arbeit über den Mond auszuführen;
aber kaum hatte ich die theoretischen Vorarbeiten angefangen (denn diese
sind es, auf welche in der Vorrede meiner Theoria motus Corporum Coelestium
angespielt wird), als das Bekanntwerden von Piazzis Ceresbeobachtungen mich
in eine ganz andere Richtung zog.« Die in diesem Briefe erwähnte Stelle
aus der Vorrede zur Theoria motus sehe man im Abdruck des Tagebuchs bei
der Nr. 119, Werke X, 1, S. 561.
Über den Fortschritt der Untersuchungen von Laplace und Bürg finden
sich ausführliche Berichte in der Monatl. Corr. 1800 —1802 und dies mag
dazu beigetragen haben, dass Gauss auch späterhin seine Arbeit anscheinend
1) Clairaut, Théorie de la Lune, St. Petersburg 1752, 1765.
2) D’Alembert, Eecherches sur différents points importants du système du monde, Paris, I.—III.
Band, 1754—1756.
3) Laplace, Mécanique céleste, Тоше III., Livre VII, Paris 1802.
4) Plana, Théorie du mouvement de la Lune, Turin 183 2.
5) Euler, Opuscula varii argumenti, Berlin 1746 ; Theoria motus Lunae exhibons ovines eius inae-
qualitates, Petersburg 1753 und Theoria motuum Lunae nova methodo pertractata, Petersburg 17 72.