Full text: Abhandlungen über Gauss wissenschaftliche Tätigkeit auf den Gebieten der Geodäsie, Physik und Astronomie (11. Bandes, 2. Abteilung)

erwähnten Schwierigkeiten bei Bildung grosser Dreiecke nach fremden Er 
fahrungen, bevor er eigene gemacht hatte, vorschwebten, war er auf ein ganz 
neues Mittel bedacht, ihnen abzuhelfen. Bei der Messung des Winkels Ham- 
burg-Hohenhorn in Lüneburg hatte er in seinem Beobachtungsjournal ver 
merkt: »Hamburg schlecht zu sehen, das westliche von der Sonne beleuchtete 
Fenster geniert das Pointieren« und später hinzugefügt: »N. B. Diese Erfahrung 
ist die erste Veranlassung zu der im Herbst 1820 gemachten Erfindung des 
Heliotrops gewesen« l ). 
Die Art, wie er bei dieser Erfindung vorging, ist kennzeichnend für seine 
Arbeitsweise. Zunächst überzeugte er sich durch theoretische Untersuchungen, 
die auf photometrischen Grundlagen beruhten, davon, dass selbst von ganz 
kleinen Planspiegeln reflektiertes Sonnenlicht hinreichende Kraft hat, um in 
den grössten Entfernungen sichtbar zu sein 2 ) und sich viel leichter und besser 
beobachten lässt, als alle Türme und Signale, ja selbst besser als mehrere 
AaGANDsche 3 ) Lampen bei Nacht. Um sodann diese Idee brauchbar zu machen, 
bedurfte es eines besonderen Instrumentes, wodurch man das reflektierte Sonnen 
licht mit grösster Genauigkeit und Sicherheit ununterbrochen nach jedem be 
liebigen noch so weit entfernten Punkte richten kann. Er versuchte zunächst 
einen Spiegel am Deckel des Fernrohrs eines Theodoliten zu befestigen und 
ihm durch vorher mühsam berechnete Azimute und Höhen die richtige Lage 
zu geben, um das Licht nach einer bestimmten Richtung zu werfen, kam aber 
damit nicht zum Ziel. 
7ü km entfernten Hohehagen sichtbar zu machen. Für die Entfernung Brocken-Inselsberg glaubte er aber, 
mit diesem Hilfsmittel nicht auszureichen. S. a. Anhang. 
1) Nach Gauss heisst das Instrument der (nicht das) Heliotrop. Dieser Name erschien ihm besonders 
schicklich trotz seiner Verwendung in der Botanik und in der Mineralogie. 
2) Im Astronomischen Jahrbuch für 1825 schreibt Gauss; »Bei einem nur einigermassen günstigen 
Zustande der Luft gibt es jetzt für die Grösse der Dreiecksseiten keine Grenzen mehr, als die die Krümmung 
der Erde setzt (Werke IX, S. 4 6 6). Nach dem Göttinger Almanach soll er die Bemerkung gemacht haben, 
diese Entdeckung wäre grösser als die von Amerika, wenn wir mit diesem Instrument mit unsern Nachbarn 
auf dem Monde verkehren könnten. Hierzu passt die Äusserung; »Mit 100 Spiegeln, jeden zu 16 Quadrat- 
fuss Fläche, vereint gebraucht würde man gutes Heliotrop-Licht nach dem Monde schicken können. Schade, 
dass wir nicht einen solchen Apparat mit einem Detachement von 100 Leuten und ein paar Astronomen 
dahin senden können, uns zu Längenbestimmungen Zei[ch]en zu geben (G.-O. Nr. 4 46). 
3) Aimé Argand erfand 1783 in London Brenner mit doppeltem Luftzug, worüber er die Schrift ver 
fasste; Découverte des lampes à courant d'air et à cylindre, Genf 1785. Die in Frage kommenden Lampen 
waren mit sehr genauen parabolischen Spiegeln versehen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.