Full text: [Varia. Atlas des Erdmagnetismus] (12. Band)

GAUSS AN FRIES. 
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Zopf, woran er sich selbst ans dem Wasser zog. Der Dilettant würde nicht 
wagen, vor dem Meister ein solches Bekenntniss abzulegen, wäre es ihm nicht 
vorgekommen, als ob dieser nicht viel anders über jene Verdienste urtheilte. 
Ich habe oft bedauert, nicht mit Ihnen an Einem Orte zu leben, um aus der 
mündlichen Unterhaltung mit Ihnen über philosophische Gegenstände eben so 
viel Vergnügen als Belehrung schöpfen zu können. 
Da Sie auch die Astronomie von Ihren Beschäftigungen nicht ausschliessen, 
so hat folgende Notiz für Sie einiges Interesse. Vor mehr als 50 Jahren 
glaubte Herschel einen brennenden Vulkan im Monde zu wiederholten malen 
gesehen zu haben; in Deutschland wollte man aber nicht recht daran glauben. 
Die interessanteste Beobachtung dieser Art ist die, welche Olbers am 5. Fe 
bruar 1821 gemacht hat; aus einem Berichte darüber in einem Briefe an mich 
habe ich damals einen Auszug in den Göttingischen Gelehrten Anzeigen (1821, 
S. 449) gegeben[*)]; Olbers hält das Phänomen für reflectirtes Erdenlicht von 
einer sehr glatten Felswand, vielleicht im oder in der Nähe vom Aristarch. 
Kater hatte dasselbe Phänomen beobachtet (Philosophical Transactions F. 1821, 
part I), und nennt es noch geradezu einen Mondvulkan. Ist Olbers’ Er 
klärung (wie wohl nicht zu zweifeln ist) die richtige, so hat man Grund, bei 
ähnlichen Librationsverhältnissen die Wiederkehr einer ähnlichen Erscheinung 
zu erwarten. Ich finde nun nach einem flüchtig gemachten Überschläge, dass 
die Librationsverhältnisse am Abend des 24. Mai d. J., und noch etwas mehr 
die vom 20. Junius, denen vom 5. Februar 1821 ziemlich nahe kommen. Es 
versteht sich von selbst, dass man auch schon einen Tag früher Acht geben 
mag, zumal da Kater schon am 4. Februar 1821 beobachtet hatte; seine Be 
schreibung weicht übrigens etwas von der des Dr. 0[lbers] ab, und am 5., 
wo er selbst abgehalten war und sein Fernrohr einigen Freunden überlassen 
hatte, scheint in London das Phänomen auch nicht ganz so markirt gewesen 
zu sein, wie in Bremen. Vielleicht lassen Sie sich durch diese Notiz anreizen, 
wenn das Wetter in Jena günstig ist, mit einem Fernrohr nach der immer 
seltenen Erscheinung auszuschauen. 
Ihrem freundlichen Andenken mich 
in hochachtungsvoller Ergebenheit empfehlend 
Göttingen, 11 Mai 1841. C. F. Gauss. 
[*) Werke VI, S. 4 3 6.]
	        
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