GAUSS AN SCHUMACHER.
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XII.
dies unmöglich die einzige Ursache sein konnte, und drang also in ihn, voll
kommen aufrichtig und vollständig mir alles zu sagen, da ich sonst gar nicht
rathen könne. Er bekannte dann ein Paar Vorfälle mit Prof. Hansteen, die
freilich verriethen, dass er wol oft seine Stellung vergessen und bei seinem
gänzlichen Mangel an Weltbildung und Lebensart Ihnen wol manche harte
Gedultsprobe aufgelegt haben mag. Übrigens aber meinte er, sei er sich
nicht bewusst, jemals etwas Schlechtes gethan zu haben. Von Ihren Ver
diensten um ihn sprach er dagegen mit dankbarer Rührung.
Da ich gar keine Möglichkeit sah, wie er auf längere Dauer hier seine
Subsistenz hätte finden können, so schien es mir nicht rathsam zu veranlassen,
dass er so lange hier bliebe, bis auf einen Brief an Sie eine Antwort ein-
laufen könnte. Als ich aber diesen Punkt auch nur zu berühren anfing, er
klärte er, dass dies gar nicht seine Meinung sei, vielmehr wolle er auf der
Stelle wieder zurück; es sei sein sehnlichster Wunsch, nur Ihre Gewogenheit
wieder zu gewinnen, und dass er in seiner Rathlosigkeit mich nur um mein
Fürwort hätte bitten wollen.
Nachdem ich diese Umstände überlegt hatte, sagte ich ihm, dass wenn
seine Erzählung aufrichtig gewesen sei, ich hoffe, sein Fall würde nicht beyond
redress sein, und dass ich ihm verspreche, meine Bitte mit der seinigen zu
vereinigen. Zugleich aber schärfte ich ihm auf das Nachdrücklichste ein, dass
er gewiss nicht auf die Dauer auf die Erneuerung Ihres Wohlwollens rechnen
könne, wenn er in Zukunft nicht sich zusammennähme und über sich wachte,
jenes immer zu verdienen u[nd] seine Stellung nie aus den Augen zu setzen.
Dies hat er mir denn auch angelobt, indem er selbst bemerkte, wie sehr er
fühle, dass schon die Dankbarkeit ihn dazu verpflichte, und er ist abgereiset
u[nd] wird sich wol bald nach Eingang dieses Briefes Ihnen vorstellen, um sein
Urtheil zu empfangen. Ich habe Ihnen alles erzählt, was ich selbst weiss. Da
ich ihn in Apensen und hier nur eine so kurze Zeit gesehen habe, so kann ich
natürlich über ihn nicht so gründlich urtheilen, wie Sie selbst, doch viel
leicht in so fern unbefangener, als Sie wol oft durch seinen Mangel an Bildung
zu leiden gehabt haben und ich nicht. Mir schien er ein argloses ungebildetes
Naturkind zu sein, auch hat er mir gar keine Spur von Arroganz und Dünkel
gezeigt. Dass er ausgezeichnete Talente hat, darüber sind wir beide einig.
Ob er damit Charakter[-]Energie verbindet, werden Sie am besten wissen.