16. Ein Brief an Encke.
Gaüss an Encke.
9. Juli 1826.
Den Gebrauch, den Sie bei Ihren Vorlesungen von solchen Dingen machen,
die meinen Vorträgen etwa eigenthümlich sein möchten, kann ich ganz Ihrer
Beurtheilnng überlassen.
Ich habe jetzt angefangen einen 3 ten Theil oder ein Supplementum meiner
Theoria Combinationis Observationum [*)] aufzusetzen für den Fall, wo die Data
der Aufgabe nicht in der Form vorliegen, die im l ten Theile vorausgesetzt
wird. Ob man gleich sie immer in diese Form bringen kann, so ist es doch
oft vortheilhafter es nicht zu thun, sondern die Aufgabe auf eine ganz eigne
Art zu behandeln. Was mir bei dieser Ausarbeitung vorzüglich viel Plage
macht, ist die Wahl der Bezeichnungen. Ihnen ist es nicht unbekannt, dass
ich bei allen meinen Arbeiten darauf immer grosse Sorgfalt gewandt habe,
gewöhnlich viel grössere, als man nachher der Arbeit ansieht. Wenn das
Griechische Alphabeth durchweg dem Lateinischen correspondirte und die
grossen Griechischen Buchstaben dann auch durchweg von den Lateinischen
verschieden wären, würde man den Zweck der grössten, elegantesten Über
sichtlichkeit viel leichter erreichen. Das Deutsche Alphabeth ist mir immer
nur ein Nothbehelf, zu dem ich mich ungern entschliesse, und eben so wenig
mag ich die oben und unten zugleich accentuirten Bezeichnungen leiden. In
dem gegenwärtigen Fall vergrössert sich die Schwierigkeit durch einen Neben
umstand. Nemlich fast alle Relationen in der 2 ten Behandlung haben eine
bewunderungswürdige Analogie zu denen der erstem, so dass sich analytisch
betrachtet fast ganz dieselben Gleichungen ergeben, obwohl hier die darin
vorkommenden Grössen etwas ganz anderes bedeuten.
[*) Supplementum theoriae combinationis observationum etc. Werke IV, S. 55.]